wilde seele

11 Impulse für einen gelassenen Umgang mit Stress
Gerade am Jahresende wünschen sich viele Menschen einen entspannteren Umgang mit Stress. Projekte müssen noch in diesem Jahr fertiggestellt werden, der Jahresabschluss ist zu machen und das Weihnachtsfest mit der Familie rückt bedrohlich näher… Über allem scheint der kollektive Glaubenssatz zu schweben, dass das Jahresende besonders dicht und stressig sein muss. Mit Sicherheit gibt es in dieser wie auch zu anderen Zeiten Dinge, die erledigt werden müssen und die nicht aufgeschoben werden können – dennoch kann man sich auch bewusst dafür entscheiden, wie man damit umgehen will, und selbst kleine Impulse dafür setzen, mehr Gelassenheit und Entspannung im Alltag zu kultivieren.
Wie kann das gehen? Jeder kann langfristig etwas dafür tun, um gelassener und sicher im Umgang mit Stress zu werden. Mehr darüber wie Stress entsteht und welche Hauptfelder es bei der Stressbewältigung gibt, lesen Sie in einem früheren Beitrag. Ebenso wertvoll und wirksam sind jedoch auch die kleinen Schritte, die wir in den Alltag einbauen und mit denen wir selbst auf einfache Weise dafür sorgen können, dass wir uns wohler fühlen.
Eine Auswahl wirkungsvoller Möglichkeiten, die uns dafür zur Verfügung stehen, ist:
1. Der Klassiker: Die eigene Atmung wahrnehmen. Im Lauf des Tages nehmen wir unsere Atmung meist gar nicht wahr und sind mit unserer Aufmerksamkeit bei tausend anderen Dingen, statt bei uns selbst und unserem Wohlbefinden. Wenn wir die Aufmerksamkeit auf unseren Atem lenken (nichts verändern, nur wahrnehmen), halten wir inne und kommen automatisch ein bisschen mehr bei uns an.
Wir können auch bewusst auf die Ausatmung achten. Es geht nicht darum, sie willentlich zu verstärken, es genügt, wenn wir die Ausatmung bewusst gehen lassen. Die nächste Einatmung kommt dann leichter von selbst und wir entspannen tiefer.
2. Prioritäten setzen. Gerade wenn es hektisch wird, ist es manchmal schwer sich auf eine Sache zu konzentrieren und wir haben das Gefühl, alles auf einmal erledigen zu müssen. Dann hilft es, wenn wir vorab unsere Prioritäten geklärt haben. Ich mache mir zum Beispiel oft morgens eine Liste mit meinen drei Prioritäten für den Tag. Dabei kläre ich ganz oft, welche Aufgabe mir heute am wichtigsten ist (Priorität 1), welcher Termin für mich am wichtigsten ist (2) und was ich mir vornehme, damit ich mich wohlfühle und der Tag für mich gut läuft (3).
3. Einen Zeitrahmen festlegen. Ein kluger Mensch, der Soziologe C. Northcote Parkinson hat Folgendes festgestellt: „Arbeit dehnt sich genau in dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.“ Das bedeutet umgekehrt, dass es sinnvoll ist, wenn wir uns im Vorfeld überlegen, wie viel Zeit wir einer Aufgabe zur Verfügung stellen wollen – und uns dann daran zu halten. Ohne sich einen realistischen Zeitrahmen zu setzen, passiert es oft, dass sich die Arbeit gefühlt unendlich ausdehnt. :-) Wenn wir vorab einen Zeitraum dafür bestimmen, richten wir uns klarer darauf aus und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, die Aufgabe in dieser Zeit fertigzustellen. Egal, wie weit Sie in dem gewählten Zeitraum gekommen sind, halten Sie sich an Ihre eigene Vorgabe und setzen Sie für heute einen Schlusspunkt bei der Aufgabe.
4. Damit sind wir bereits beim nächsten wichtigen Punkt: Die Perfektionismus-Falle umgehen. Häufig entsteht Stress auch dadurch, dass wir eine Aufgabe so lange bearbeiten, bis sie unseren perfektionistischen Ansprüchen zu genügen scheint. Bei anderen sind wir dagegen meistens viel unkritischer und beurteilen das Ergebnis ihrer Arbeit viel milder/wohlwollender. Da hilft nur eins: der Mut zur Unvollkommenheit! Trauen Sie sich, eine Aufgabe für beendet zu erklären, auch wenn sie für Ihren kritischen Blick noch ein paar Ecken und Kanten hat. Sagen Sie sich, dass es wichtiger ist, eine Aufgabe zu Ende zu bringen und dass Sie das für sich tun, statt die Aufgabe bis ins kleinste Detail perfekt zu erledigen.
5. Freiraum schaffen. Wenn wir uns auf etwas konzentrieren wollen, stattdessen aber übervoll mit anderen Gedanken/Problemen sind, die uns gerade beschäftigen (ein Anruf von einer Freundin, ein Streit mit dem Partner, der bevorstehende Wocheneinkauf etc.), tut es gut, für kurze Zeit etwas Abstand zu den Problemen zu schaffen. Das klappt, wenn wir gedanklich oder in der Realität einen guten Ort finden, an dem wir das Problem für eine Weile ablegen können. Zum Beispiel, indem wir es in Gedanken auf unseren Schreibtisch oder an einen schönen Ort in der Natur legen, oder indem wir es auf einen Zettel aufschreiben und für einige Zeit in einer Kiste deponieren.
6. Einen eigenen Soundtrack finden. Musik hilft enorm, um sich zwischendurch zu entspannen oder auch, um sich in gute Stimmung zu versetzen, bevor Sie mit einer neuen Aufgabe beginnen. Überlegen Sie mal, welches Ihr Lieblingssong ist, bei dem Sie sich am besten entspannen können. Für den einen ist das eher „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ aus dem Dschungelbuch, der andere entspannt am besten bei Ludovico Einaudi, wieder ein anderer hört am liebsten einen Song von Adele, um sich in gute Stimmung zu versetzen.
7. Die eigenen Gedanken überprüfen. Die Gedanken spielen eine enorme Rolle bei der Bewältigung von Stress. Je nachdem, wie wir eine Situation und auch uns selbst bewerten, welche Erfahrungen wir unbewusst erinnern und was wir uns selbst in dieser Situation erzählen, werden wir die Situation unterschiedlich erleben und Herausforderungen anders bewältigen. Ein erster Schritt ist, sich bewusst zu machen, was man gerade denkt, und sich zudem eine der folgenden Fragen ins Gedächtnis zu rufen: Wie werde ich diese Situation in 5 Jahren bewerten? Wie wichtig ist sie mir dann? Und: Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?
8. Wenn wir merken, dass es uns schwerfällt, in bestimmten Situationen gelassen zu reagieren, hilft es, wenn wir uns ein Mantra/einen Glaubenssatz zurechtlegen, an den wir uns erinnern, wenn wir uns gestresst fühlen. Es dient als mentale Stütze und hilft uns, in solchen Momenten das zu tun, was wir tun wollten. Für den einen lautet ein solches Mantra vielleicht: „Ich bleibe ruhig und gelassen“, für den anderen eher: „Ich habe es in der Hand, mich zu entscheiden.“ Ein kürzeres Mantra ist oft einprägsamer. Wenn wir uns für einen Satz entschieden haben, wiederholen wir ihn idealerweise häufiger, bis er uns vertraut ist und uns in solchen Momenten leicht wieder einfällt.
9. Eine meiner Lieblingsmethoden für stressige Momente ist es, mir selbst die Frage zu stellen: Was würde Buddha tun? Wenn alles um mich herum sich beschleunigt und ich selbst immer hektischer werde, frage ich mich einfach, wie ein Vorbild an Gelassenheit in genau der gleichen Situation reagieren würde, in der ich gerade stecke. Oft bringt mich gerade dieses Bild bereits zum Lachen; gleichzeitig bringt es mich oft einen Schritt weiter, mir vorzustellen, wie ruhig und humorvoll Buddha wahrscheinlich reagieren würde… Als Vorbild kann natürlich auch eine andere Person dienen, die wir damit in Verbindung bringen, zum Beispiel ein guter Freund, die weise Großmutter oder ein anderer spiritueller Lehrer.
10. Genauso wichtig, wie regelmäßig Pausen zu machen, ist es auch, die Übergänge bewusst zu gestalten. Damit meine ich den Übergang von einem Termin zum anderen sowie die Umstellung von einem Gesprächspartner oder von einer Tätigkeit zur nächsten. Es erfordert etwas Übung und auch Vorausplanung, dennoch kann es einen enormen Unterschied machen, wenn ich genügend Zeit einplane, um entspannt den Weg zwischen zwei Terminen zurückzulegen und mir auch zwischen zwei Gesprächsterminen die Zeit nehme, bewusst ein paar Atemzüge zu nehmen, einen Tee zu trinken und wieder zu mir selbst zu kommen.
11. Last but not least ist es eins der besten Mittel im Umgang mit Stress, mehr Bewegung ins eigene Leben zu bringen. Jede Form der Bewegung, sei es Gartenarbeit, Joggen, Fahrrad fahren, Treppen steigen oder Ausdauersport… ist dabei erlaubt. Studien belegen, dass Sport ebenso wie regelmäßige Bewegung im Alltag helfen, Stress abzubauen und das seelische Wohlbefinden deutlich zu verbessern. Suchen Sie sich diejenige Bewegungsart aus, die Ihnen am meisten Freude macht oder die Sie am meisten anzieht und fragen Sie sich, wie Sie sie am besten in ihren Tagesablauf integrieren können.
Probieren Sie es aus! Vielleicht entscheiden Sie sich, den einen oder anderen Impuls, der Sie interessiert hat, im Alltag anzuwenden und in stressigen Momenten für sich zu nutzen. Finden Sie heraus, welcher davon Ihnen am besten liegt und Sie gut unterstützt. Ich wünsche Ihnen eine entspannte und kraftvolle Zeit!

Was ist eigentlich… eine paradoxe Intervention?
Das kennt vermutlich jeder: Wir haben uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, das wir gern in Siebenmeilenstiefeln erreichen möchten, kommen aber scheinbar einfach nicht vom Fleck. Wir wollen alte Gewohnheiten loswerden und strengen uns erst recht an, aber irgendetwas kommt immer dazwischen und unsere Vorsätze geraten ins Wanken. Sei es, dass wir mehr Sport machen möchten, selbstbewusster unsere Meinung vertreten möchten oder endlich unsere Selbständigkeit planen wollen. Je mehr wir uns anstrengen und dabei gegen uns selbst ankämpfen, desto mehr scheint unser Ziel dadurch in die Ferne zu rücken.
Es gibt mehrere Wege, wie wir unsere Muster und Gewohnheiten verändern und eine gesunde Selbstdisziplin aufbauen können. In manchen Fällen hilft es jedoch, wenn wir uns selbst ein wenig überlisten. Wenn Sie sich schon länger innerlich darüber aufregen, dass Sie Ihre gesetzten Ziele nicht erreichen oder sich nicht aufraffen können, etwas Neues zu beginnen, könnte es Zeit sein für eine paradoxe Intervention. Diese Methode kann sich anfühlen wie eine plötzliche 180 Grad-Wendung im eigenen Kopf, und führt dazu, dass sich Ihre Ziele oft viel leichter und entspannter umsetzen lassen.
Was bedeutet eine paradoxe Intervention?
Mit paradoxer Intervention ist gemeint, ganz bewusst das Gegenteil dessen zu tun, was man eigentlich erreichen will. Ja, genau, es geht darum, gerade die Verhaltensweise auszuführen, die man ja eigentlich vermeiden möchte. Also: faul auf dem Sofa liegen zu bleiben, statt Sport zu machen, möglichst unselbstbewusst aufzutreten oder alles zu tun, um die eigene Selbständigkeit nicht voranzutreiben. Klingt seltsam? Oft sind wir bereits so verstrickt in unsere eigenen Ansprüche und den Kampf gegen innere Widerstände, dass es Sinn machen kann, für einen Moment genau daraus auszusteigen. Sie nehmen damit dem Widerstand den Wind aus den Segeln und erobern sich neue Souveränität über Ihr Handeln.
Statt beispielsweise sich selbst dafür zu verurteilen, dass Sie es wieder nicht geschafft haben, abends noch eine Runde laufen zu gehen, könnten Sie sich ganz bewusst vor die Wahl stellen: Entweder verpflichten Sie sich dazu, sich noch mindestens zwei Stunden zu Hause zu bleiben und sich weiter zu entspannen oder Sie raffen sich jetzt sofort auf und holen Ihre Joggingschuhe. Bleiben Sie bei Ihrer Entscheidung! Das heißt, dass Sie sich wirklich erlauben, einfach auszuruhen, wenn es Ihnen momentan gut tut. Vielleicht werden Sie aber auch entdecken, dass es Ihnen Spaß machen würde, sich jetzt noch zu bewegen. Aber dann, weil sie es wirklich wollen, und nicht weil Sie sich dazu zwingen.
Ein weiteres Beispiel: Sie haben sich vorgenommen ein wichtiges Gespräch mit Ihrem Chef (Ihrer Tochter, Ihrem Partner) zu führen, zögern es jedoch schon seit einiger Zeit hinaus. Versuchen Sie doch mal die Strategie, das Gespräch um jeden Preis zu vermeiden, und sagen Sie sich selbst: Das ist unmöglich, das schaffe ich auf keinen Fall.“ Vermutlich müssen Sie über Ihre Verrenkungen, mit denen Sie versuchen, dem Gespräch aus dem Weg zu gehen, wenn Sie die Person sehen, selbst lächeln und bemerken, dass Ihre Angst, das Gespräch nicht führen zu können, unrealistisch ist. Humor und Übertreibungen sind wichtige Bestandteile der paradoxen Intervention.
Paradoxe Intervention hilft übrigens auch gegen Einschlafstörungen und Redeangst: Nehmen Sie sich vor, unbedingt wachzubleiben oder bei einem Redebeitrag in einem Meeting auf jeden Fall zu scheitern – Sie werden entdecken, dass Ihnen dieser paradoxe Vorsatz einen großen Teil Ihres Drucks nimmt und Sie viel leichter einschlafen bzw. freier werden sprechen können.
Woher stammt der Begriff?
Die Technik geht auf den österreichischen Psychotherapeuten Viktor Frankl (1905-1997) zurück. Frankl forderte seine Patienten auf, problematische Verhaltensweisen nicht zu bekämpfen, sondern zunächst zu akzeptieren und sogar übertrieben zu unterstützen. Beispielsweise sollten Menschen, die zum Stottern neigen, wenn sie aufgeregt sind, versuchen, absichtlich noch viel mehr zu stottern. Durch die bewusste Steuerung erlebten sie sich selbst als Akteure und nicht mehr als Opfer.
Eine Metapher beschreibt das Vorgehen besonders anschaulich: Der menschliche Wille ist bisweilen wie ein Esel, der einfach nicht in den Stall gehen will, so sehr der Bauer auch zieht und schiebt. Die einzige Möglichkeit, ihn in den Stall zu bewegen, ist ein Ziehen in die entgegengesetzte Richtung. Erst der Widerstand führt zum Erfolg.
Wie geht man vor?
1. Benennen Sie das unerwünschte Verhalten (die unerlaubten Gedanken, Gefühle). Nehmen Sie wahr, mit welchem Verhalten Sie gerade konkret unzufrieden bzw. im Widerstand sind. Zum Beispiel faul sein, schlafen, Unpünktlichkeit, Wut gegenüber dem Chef, Ärger auf den Partner, sich selbst etwas nicht zutrauen etc.
2. Akzeptieren Sie den Widerstand und formulieren Sie eine paradoxe Absicht. Die paradoxe Absicht zielt genau auf das unerwünschte Verhalten und kann es sogar übertreiben, also zum Beispiel: Ich verpflichte mich für die nächsten zwei Stunden so faul wie möglich zu sein.“ oder „Ich werde heute absichtlich bei allen Terminen unpünktlich sein.“ oder sie machen es sich zum Vorhaben, „wenn mein Chef mir wieder zu viel Arbeit aufdrängt, sage ich nichts, sondern koche ich sofort vor Wut und versuche, möglichst lange wütend zu bleiben.“ Sie können sich Ihre Einstellung auch vorsagen oder auf einen Zettel schreiben – möglicherweise müssen Sie schmunzeln und dadurch sinkt bereits etwas der Druck und Sie haben wieder mehr Freiheit zu handeln.
3. Die Umsetzung festlegen/einen Zeitraum bestimmen. Legen Sie fest, wann Sie die paradoxe Absicht durchführen wollen und in welchen zeitlichen Rahmen. Es kann bedeuten, dass Sie sie ausführen, „immer wenn…“ sich eine bestimmte Situation wiederholt, das heißt wenn Sie sich bei einer bestimmten Verhaltensweise erwischen, wenn Sie auf eine bestimmte Person treffen oder bei der nächsten Projektbesprechung. Sie können aber auch eine bestimmte Zeitdauer festlegen, z.B. eine Stunde lang.
Noch ein Wort zu den Grenzen der paradoxen Intervention: Sie eignet sich hervorragend bei alltäglichen Problemen und kleineren Dingen, die Sie verändern möchten; wenn Sie momentan aber zu sehr in einem Problem feststecken, ist vielleicht eher eine andere Unterstützung notwendig und die paradoxe Intervention könnte zusätzlichen Stress verursachen. Achten Sie darauf, ob sich wirklich ein Gefühl der Entlastung einstellt, oder ob Sie noch mehr unter Druck geraten.
Viel Freude bei der Formulierung Ihrer paradoxen Absichten! Oft steckt darin schon der erste Schritt, um sich selbst zu entspannen und mehr Distanz zu dem Problem zu gewinnen. Seien Sie ruhig kreativ bei der Vorstellung, wie Sie sich paradox verhalten könnten und entdecken Sie, wie Sie es sich selbst leichter machen können!

Gedanken und Impulse zum Umgang mit Angst
Angst ist ein universelles Phänomen – jeder Mensch erfährt im Lauf seines Lebens das Gefühl, Angst zu haben, sei es die Angst vor bestimmten Situationen, wie zum Beispiel vor Prüfungen, vor Konflikten, vor Nähe oder auch vor Einsamkeit, die Angst vor dem Jobverlust, vor dem Scheitern oder auch vor gesellschaftlichen Veränderungen. Man kann sagen, dass die Emotion Angst alle Menschen miteinander verbindet, gleichzeitig gibt es eine sehr große Zahl individueller Ängste.
Der Psychoanalytiker Fritz Riemann (1902-1979) unterscheidet in seinem Grundlagenwerk zu diesem Thema vier Grundformen der Angst:
- Die Angst vor der Hingabe: Als Menschen spüren wir den Wunsch, uns dem Leben und unseren Mitmenschen vertrauensvoll zu öffnen, uns einzulassen und in Austausch mit der Welt zu treten. Mit der Hingabe zur Welt ist jedoch gleichzeitig die Angst verbunden, unser Ich zu verlieren und von anderen abhängig zu sein. Wird unser Bedürfnis nach Sicherheit und Vertrauen in die Welt früh nicht erfüllt, kann sich daraus Existenzangst entwickeln. Nähe und Bindung erscheinen dann bedrohlich.
- Die Angst vor der Selbstwerdung: Sie ist das Gegenteil der Angst vor der Hingabe. Wir alle streben danach, ein unverwechselbares, einmaliges Individuum zu werden, das sich von anderen unterscheidet. Wenn wir uns von allen unterscheiden, kann daraus jedoch auch die Angst resultieren, aus der Geborgenheit des Dazugehörens und der Gemeinschaft herauszufallen, was Einsamkeit und Isolierung bedeuten würde. Trennungsangst entsteht: Aus Angst, allein zu sein, versucht man, dem anderen größtmöglich nahe zu sein.
- Die Angst vor der Veränderung: Riemann unterscheidet ein weiteres Gegensatzpaar: Auf der einen Seite steht die Angst vor dem Wagnis des Neuen, vor dem Planen ins Ungewisse. Dahinter steht der Wunsch, das alles Dauer und Verlässlichkeit haben soll, dass wir uns einrichten und in die Zukunft planen können, zielstrebig sind. Die Angst verdeutlicht uns, dass alles in jedem Augenblick zu Ende sein kann. Auch die Angst vor Schuld und Strafe spielt hinein, die uns daran hindern kann, selbstverantwortliche Entscheidungen zu treffen und Risiken einzugehen.
- Die Angst vor der Notwendigkeit: Auf der anderen Seite steht die Angst davor, festgelegt und begrenzt werden zu können, was uns als Erstarrung und Endgültigkeit erscheinen kann. Hier erscheint als bedrohlich, dass wir nicht mehr weiterentwickeln, nicht mehr lebendig sein könnten. Damit ist die Weigerung verbunden, Verantwortung zu übernehmen. Im Kern kann darin die Angst stecken, den Forderungen und Erwartungen von außen nicht gerecht zu werden, nicht liebenswert zu sein.
Riemanns Modell zufolge tendiert jeder Mensch zu einer der genannten Grundformen der Angst. Damit sind jedoch nicht zwangsläufig eine pathologische Angst und die Entwicklung einer Angststörung gemeint; vielmehr steckt hinter jeder dieser Ängste eine Lebensaufgabe, die ein Mensch zu bewältigen hat.
Wie aber lässt sich mit der Angst umgehen? Was kann man tun, um von der Angst nicht überwältigt zu werden, sondern möglichst konstruktiv mit ihr umzugehen? Im Folgenden möchte ich Ihnen mehrere Möglichkeiten und Impulse vorstellen, wie Sie Ihren Ängsten begegnen und sie auf eine zu bewältigende Größe reduzieren können.
1. Die Angst annehmen
Der erste Schritt im Umgang mit Angst ist immer, sie anzunehmen. Es mag paradox klingen; jedoch ist eine entscheidende Erfahrung im Umgang mit Gefühlen: Je mehr ich sie wegzuschieben versuche, desto hartnäckiger tauchen sie wieder auf. In der Situation selbst kann es bedeuten, dass ich die Angst und die damit verbundenen Körpersymptome erst einmal als Realität akzeptiere: Es ist okay, wenn ich Angst vor einer Prüfung, einem wichtigen Gespräch oder davor, abgelehnt zu werden, habe. Und es ist auch okay, wenn ich deshalb Herzklopfen, einen Schweißausbruch oder zittrige Hände bekomme. Die Angst für den Moment zu akzeptieren ist nicht gleichbedeutend damit, sie passiv hinzunehmen und zu erdulden. Im Gegenteil ist es die bewusste Entscheidung, der Angst ins Auge zu blicken. Es ist der erste Schritt aus der Opferrolle.
Hilfreich kann dabei sein, sich zu fragen, welche positive Absicht hinter der Angst steckt. Die Hauptintention von Angst ist, uns in Alarmbereitschaft zu versetzen: Sie will uns melden, dass von irgendwoher eine Gefahr droht und möchte uns in der Regel davor bewahren, dass wir verletzt, enttäuscht werden oder sonst eine schmerzvolle Erfahrung machen. Wenn wir innehalten und die Angst einfach nur als dieses Signal wahrnehmen, haben wir die Wahl, uns wieder neu zu entscheiden.
2. Partialisieren
Ein weiterer bedeutender Schritt kann sein, die Angst als einen inneren Teil von mir wahrzunehmen – nichts anderes bedeutet der Begriff „partialisieren“. Jeder Mensch trägt verschiedene Anteile in sich und hat unterschiedliche Seiten, die je nach Situation stärker oder geringer hervortreten können (ängstlich, selbstbewusst, ärgerlich, liebevoll etc.). Wenn ich momentan von der Angst überwältigt werde, hilft es, mich daran zu erinnern, dass gerade etwas Ängstliches in mir ist, dass ich aber auch noch andere Seiten habe. Vielleicht kann ich den ängstlichen Teil sogar in meinem Körper lokalisieren und nehme daneben noch andere körperliche Eindrücke wahr. Wenn ich meine Wahrnehmung darauf richte, dass die Angst nur ein Teil von mir ist – ich selbst aber nicht vollständig diese Angst bin, macht dies einen fundamentalen Unterschied in meinem Erleben. Mit diesem Schritt mache mich selbst größer als meine Angst und erlebe mich wieder als handlungsfähig.
3. Was ist das Schlimmste, das passieren könnte?
In den Momenten, in denen die Angst uns überfällt, malen wir oft besonders schwarz und erzählen uns selbst alle möglichen Horrorszenarien, die eintreten könnten. Oft versuchen wir dann verzweifelt, genau diese Befürchtungen wegzuschieben und die Angst zu unterdrücken – mit dem bekannten Ergebnis, dass sie nur umso heftiger zurückschlägt. Ein anderer Weg ist, der Angst buchstäblich ins Auge zu blicken und uns die Frage zu stellen, was im schlimmsten Fall passieren könnte? Dabei ist es erlaubt, sich das Katastrophen-Szenario in allen Details auszumalen: Was würden wir fühlen, was könnte uns im schlimmsten Fall passieren? Welche Auswirkungen hätte es auf unser Leben? Wenn wir uns die schlimmsten Folgen, die unser Gehirn sich vorstellen kann, vor Augen führen, passiert meistens von selbst, dass wir merken, dass unsere Vorstellungen nicht vollkommen der Realität entsprechen. Darüber hinaus sollten wir uns die folgende Frage stellen: Wie wahrscheinlich ist das? Es ist sinnvoll, unsere Vorstellungen und unser Kopfkino mal einem Realitätscheck zu unterziehen.
4. Unsere körperliche Reaktion neu bewerten
Neben den Gedanken sind es ja häufig unsere körperlichen Reaktionen, gegen die wir in Situationen, in denen wir Angst fühlen, besonders ankämpfen. Herzklopfen und trockener Mund, Engegefühl im Hals oder in der Brust, Schweißausbrüche und Zittern sind nur einige der typischen und meist unbeliebten Symptome. Die Körpersymptome an sich sind nicht unser Feind und klingen in der Regel auch bald wieder ab, wenn wir uns nicht zu lange damit befassen. Ein Gedanke, der unsere Sichtweise auf die Symptome verändern kann ist, dass die gleichen Symptome bei Angst wie auch bei freudiger Aufregung auftreten! Das bedeutet, jemand, der frisch verliebt ist und das erste Date mit dem geliebten Menschen hat, wird hat die gleichen körperlichen Symptome! Dieser Gedanke kann uns möglicherweise darin unterstützen, die Körpersymptome als Begleitumstände für ganz verschiedene Umstände und nicht als gegen uns gerichtet zu bewerten.
5. Bewegung
Last but not least hilft Bewegung als akute aber auch als langfristige Maßnahme, um Angstgefühle zu verringern. Eine häufige Reaktion auf die Angstsituation ist, dass wir zu erstarren scheinen. Wir scheinen wie gelähmt, erleben uns selbst als handlungsunfähig und die Gedanken kreisen im Kopf. Dann ist es besonders wirksam, wenn wir uns dazu durchringen, doch irgendeine Form von Bewegung auszuführen: sei es mit flotten Schritten ein paar Mal um den Block laufen, unseren Lieblingssport ausüben, Joggen gehen oder uns aufs Fahrrad setzen. Bewegung durchbricht die Erstarrung und der Körper hat die Gelegenheit, uns wieder mit der Wirklichkeit zu verankern, den Kopf frei zu machen und neue Impulse zu geben. Auch langfristig hilft zum Beispiel Ausdauersport dabei, Angst und Anspannung signifikant zu senken.
Egal für welchen Umgang mit der Angst Sie sich entscheiden: Das wirksamste Mittel gegen die Angst bleibt, das tun, wovor man Angst hat. Es ist aber sinnvoll, sich der Angst in kleinen Schritten zu nähern, einen guten Umgang mit der Angst zu kultivieren – und achtsam zu sein, wenn man sich ihr annähert.
Ich wünsche Ihnen viel Mut und Entschlossenheit im Umgang mit Ihrer Angst!
Literatur:
Fritz Riemann, Grundformen der Angst, München 2013, 41. Auflage.

Die Kunst des Netzwerkens – Was ist ein Erfolgsteam?
In Coachings und Seminaren erlebe ich immer wieder ein großes Interesse an der Idee des Erfolgsteams. Damit wir unsere Ziele erreichen, kann es ungeheuer kraftvoll sein, sich ein System gegenseitiger Unterstützung aufzubauen. Sich mit anderen zu einem Erfolgsteam zusammenzuschließen, bringt oft die entscheidende Ressourcen, Ideen und die nötige Portion Motivation, um das eigene Vorhaben tatsächlich und effizient in die Tat umzusetzen. Entwickelt wurde die Idee in den 1970er Jahren von der US-amerikanischen Karriereberaterin und Autorin Barbara Sher.
Was bedeutet die Idee des Erfolgsteams?
Einfach gesagt: Zwei Personen (bis maximal sechs) setzten sich das gemeinsame Ziel, ihre jeweiligen Wunschziele zu erreichen und sich dabei gegenseitig systematisch zu unterstützen. Wir alle haben schon die Erfahrung gemacht, dass es sehr viel leichter ist, Vertrauen, Mut und gute Ideen für jemand anderen zu haben, als für sich selbst. Genau von diesem Grundprinzip geht ein Erfolgsteam aus. Außerdem werden im Team wertvolle Ressourcen ausgetauscht: Jeweils ein Teampartner liefert dem anderen Kreativität, Ideen, Wissen und Informationen und ermutigt ihn, an seinen Zielen dranzubleiben.
Auch wenn Erfolgsteams oft im beruflichen Kontext vorkommen, eignen sie sich genauso gut für private Lebensziele: also für das Voranbringen der beruflichen Selbständigkeit oder das Erreichen der nächsten Karriereschritte ebenso wie für das Ziel, das eigene Stresslevel zu senken und mehr Gelassenheit zu kultivieren oder eine private Beziehung zu verbessern. Der Schlüssel liegt dabei im guten gegenseitigen Kontakt – Erfolgsteams sind im Grunde eine der kleinsten, hocheffektiven Formen des Netzwerkens.
Was sind notwendige Voraussetzungen?
Ein geeigneter Partner für ein Erfolgsteam kann eine Freundin oder ein Freund sein, aber auch ein Bekannter, Nachbar oder… In erster Linie handelt es sich um eine Aktionsbündnis, bei dem die beteiligten Personen sich verpflichten, sich gegenseitig dabei zu helfen, ihre Ziele zu erreichen – daraus kann eine Freundschaft entstehen, muss aber nicht. Eine gute Grundlage für das Team besteht, wenn die Partner die gleichen Werte schätzen und sie die Ideen und die Ziele des anderen gut finden. Die jeweiligen Ziele, die die Beteiligten sich vornehmen, müssen dabei nicht identisch sein! Außerdem sollten die Teampartner auf Augenhöhe miteinander sein. Jemand, der in seiner Karriere bereits sehr viel weiter ist, oder der angibt, selbst nie mit Problemen und Hindernissen zu kämpfen zu haben, eignet sich eher weniger.
Wie kann ein Erfolgsteam organisiert werden?
Die Teampartner verpflichten sich zu gegenseitigem Engagement, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit – dazu gehören auch regelmäßige und strukturierte Treffen. Der Wunsch, sich hin und wieder für einen Austausch zu treffen, reicht dafür nicht aus (auch wenn das sicher bereichernd für eine Freundschaft sein kann). Für ein Erfolgsteam sollten dagegen regelmäßige Treffen festgelegt werden, zum Beispiel einmal wöchentlich eine Stunde oder alle zwei Wochen dienstagabends. Beim Gründungstreffen sollten die Ziele der Partner (ein Ziel pro Person ist erfolgversprechender als zehn Ziele), die Zeitdauer bis zum Erreichen des Ziels und wichtige Zwischenstationen festgelegt werden. Die Arbeitstreffen sind zielorientierte Strategiesitzungen, keine Jammer-Gruppen und keine Freizeit-Treffen. Eine gute Struktur kann vielmehr sein, dass eine Person 5 Min. lang über den Stand der Aktivitäten berichtet (was wurde erfolgreich umgesetzt, welche Schritte wurden noch nicht erreicht?), dann werden in 15-20 Min. Herausforderungen und Lösungen besprochen und in weiteren 5 Min. das nächste Vorgehen geplant. Anschließend ist der zweite Partner an der Reihe. Wichtig ist vor allem, konkrete Handlungsschritte festzulegen, die in der Zeit nach dem Treffen umgesetzt werden sollen.
Bei den Treffen kann ein guter Flow entstehen und es macht oft sehr viel Spaß zu erleben, wenn neue Impulse entstehen, man sich gegenseitig inspiriert und man ganz praktische Unterstützung erfährt. Zwischen den Treffen können zum Beispiel kürzere Telefonate vereinbart werden – auch zur emotionalen Unterstützung. Der Partner wird dadurch zum Zeugen des eigenen Zielerreichungsprozesses, allein das kann einen großen Schub und sehr viel Motivation bewirken, um mit dem eigenen Vorhaben weiterzukommen; gerade an solchen Stellen, an denen man allein steckenzubleiben scheint.
Probieren Sie es aus und suchen Sie nach Gleichgesinnten, die von einem Erfolgsteam ebenso profitieren können wie Sie! Die Dauer ist nicht festgeschrieben, aber für den Start können etwa sechs Monate, in denen Sie alles daran setzen sich gegenseitig bei Ihren Zielen zu unterstützen, genau das richtige Maß sein. Ich hoffe, ich konnte Sie durch diesen Beitrag für das Thema inspirieren – und vielleicht sogar zur Gründung eines Erfolgsteams beitragen. Viel Freude und gutes Gelingen bei Ihren nächsten Schritten!

In Balance – die 5 Säulen der Identität
Wir genießen die Zeiten, in denen in unserem Leben gerade alles im Gleichgewicht ist: Wir fühlen uns wohl in unserer Haut, kommen im Job gut voran und fühlen uns verbunden mit unserem Partner und den Menschen um uns. Doch dann gibt es auch andere Momente, in denen unser Leben durcheinandergeraten zu sein scheint und wir stärker herausgefordert sind. Wir scheinen neben uns zu stehen, nichts geht mehr einfach so von selbst und wir suchen nach etwas, das uns Halt gibt und trägt.
Für solche Zeiten ist es gut, klar zu wissen, was es denn ist, das unserem Leben Halt gibt und was wir brauchen, um ein stabiles Gleichgewicht herzustellen. Das kann für jeden etwas anderes sein: Der eine braucht ein vertrautes und wohlwollendes soziales Umfeld, jemand anderes braucht vielleicht eine berufliche Veränderung, um sich besser zu fühlen. Um herauszufinden, was wir benötigen und was wir in unserem Leben stärken sollten, damit wir mehr Zufriedenheit und Stabilität erreichen, sind die „5 Säulen der Identität“ ein sehr wirksames Modell, das ich gerne im Coaching benutze.
Das Modell wurde 1993 von dem Psychologen Hilarion Petzold entwickelt und beschreibt, welche Lebensbereiche wichtig sind und im Gleichgewicht sein müssen, um sich selbst ausgeglichen und lebendig zu fühlen. Es geht davon aus, dass nicht nur die einzelnen Bereiche für sich ausgefüllt sein müssen, sondern auch, dass die Lebensbereiche zusammenwirken und Einfluss aufeinander haben. Petzold unterscheidet zwischen fünf Bereichen bzw. Säulen:
- Körper und Gesundheit
- Soziales Netz
- Beruf und Leistung
- Materielle Sicherheiten
- Werte (und Haltungen)
Wird nur einer dieser Lebensbereiche „versorgt“, kann das eine Weile gut gehen, wird aber auf Dauer schädigend sein, beispielsweise, wenn wir sehr viel Leistung zeigen, aber unsere Gesundheit nicht genügend beachten. Wird ein Lebensbereich „gestört“, können andere Säulen das auffangen, zum Beispiel, wenn der Bereich Arbeit instabil ist, aber ein gutes soziales Netz und genügend materielle Sicherheiten vorhanden sind… Natürlich können nicht immer alle fünf Säulen in unserem Leben gleich stabil und gefüllt sein. Zwischenzeitlich kommt das Gleichgewicht immer wieder auch abhanden. Aber es ist gut, wahrzunehmen auf welchen Säulen unser Leben steht, und einen Überblick zu haben, was bei uns gut versorgt und was eher unterversorgt ist.
Vor diesem Hintergrund möchte ich zu jeder der fünf Säulen ein paar Fragen stellen, die Ihnen helfen, die Stabilität der Säulen und Lebensbereiche aktuell besser einzuschätzen:
1. Körper und Gesundheit
– Wie gesund fühlen Sie sich?
– Was tun sie regelmäßig für Ihren Körper und Ihre Gesundheit (zum Beispiel Bewegung, gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf, Vorsorge)?
– Bewegen Sie sich ausreichend und machen Sport (mindestens 3 x 30 Minuten pro Woche)?
– Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Körper?
2. Soziales Netz
– Haben Sie ein stabiles soziales Netz aus Freunden und Bekannten?
– Wie viel Zeit nehmen Sie sich regelmäßig für Ihre Freunde (Treffen, Gespräche, Aktivitäten)?
– Welchen Stellenwert hat Familie für Sie?
– Haben Sie einen Partner? Wie stabil ist die Partnerschaft?
3. Beruf und Leistung
– Macht Ihre Arbeit Ihnen Freude?
– Können Sie Ihre Fähigkeiten beruflich optimal einsetzen und erhalten dafür Anerkennung?
– Können Sie sich weiterentwickeln?
– Besitzen Sie Autonomie und Entscheidungsfreiheit bei Ihrer beruflichen Tätigkeit?
4. Materielle Sicherheiten
– Wie ist Ihre derzeitige finanzielle Situation?
– Welche materiellen Sicherheiten brauchen Sie?
– Wie soll sich Ihre materielle Situation in Zukunft entwickeln (welche materiellen Wünsche haben Sie)?
5. Werte (und Haltungen)
– Kennen Sie Ihre Werte (Was gibt Ihrem Leben Sinn)?
– Was ist Ihnen wichtig?
– Was begeistert Sie?
– Wofür stehen Sie? Haben Sie ein Lebensmotto oder eine Vision?
– Woran glauben Sie?
Die Beantwortung dieser Fragen braucht etwas Zeit. Aber es lohnt sich, wenn man danach klarer sieht, was alles schon da ist – und an welchen Stellen man vielleicht blinde Flecke hatte. Es kann also sowohl zur eigenen Beruhigung beitragen, wenn man sieht, was einen bereits trägt, und es dient der Motivation, in ruhigen Zeiten an manchen Stellen schon etwas nachzubessern und am Gleichgewicht zwischen den Säulen zu arbeiten.
Natürlich können auch noch andere Säulen dazukommen. In schwierigen Zeiten merke ich zum Beispiel, dass sowohl Natur als auch Kunst und Musik für mich eine wichtige Unterstützung sind. Das kann mit meinen Werten und mit dem Lebensbereich „Körper“ zusammenhängen; im Prinzip sagen die „5 Säulen der Identität“ aber vor allem etwas über die großen Bereiche aus, die unser Lebenshaus tragen und stabilisieren.
Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Entdeckung und der Arbeit an Ihren tragenden Lebenssäulen!

Wege zu mehr Willenskraft
Wer kennt das nicht: Wir haben unser Wunschziel klar vor Augen (zum Beispiel eine höhere Position im Unternehmen erreichen, einen Partner finden, mehr körperliche Fitness entwickeln…), kennen im Prinzip auch die notwendigen Schritte dorthin, zögern es aber dennoch hinaus, sie zu realisieren. Wir werden Meister darin, Dinge aufzuschieben und Gründe zu finden, warum wir nicht endlich loslegen. Oft wünschen wir uns dann mehr Willenskraft bei der Durchführung von Projekten – sei es im beruflichen oder im privaten Alltag.
Welche Methoden gibt es, um unsere Willenskraft zu stärken und unsere Motivation zu erhöhen? Sicher gibt es unterschiedliche Wege, dies zu erreichen; ich möchte hier aber gern ein paar Methoden und Möglichkeiten vorstellen, die sich nach meiner Erfahrung besonders bewährt haben und die bereits wissenschaftlich erforscht sind:
1. Die persönlichen Ziele mit Emotionen verbinden
Ein erster Schritt ist, das Ziel noch einmal genauer daraufhin zu untersuchen, ob es uns wirklich gefällt und anzieht. Rational motivierte Ziele wie: „Ich sollte die bessere Position im Unternehmen anstreben, weil sich das gut im Lebenslauf macht“, oder „Ich sollte mehr trainieren, weil ich dann schlanker und gesünder wäre“, sind löblich, bestärken uns meistens aber wenig bis gar nicht bei der Umsetzung.
Erfolgversprechender ist es dagegen, Ziele auszuwählen, die mit unseren Emotionen verbunden sind: „Ich will es meinem Kollegen (Chef, meinem Nachbarn, XY) endlich zeigen“, „Ich will, dass meine Familie (mein Partner etc.) stolz auf mich ist“, „Ich will endlich selbst stolz auf mich sein“ etc. Dazu ist es notwendig, sich ganz ehrlich mit seiner persönlichen Motivation auseinanderzusetzen. Mit Emotionen gekoppelte Ziele erreichen eine viel höhere Zugkraft und Begeisterung in uns, so dass es leichter fällt, konkrete Handlungsschritte zu unternehmen.
Achtung! Die neu formulierten Ziele sollten auch mit unseren Werten übereinstimmen.
2. Sich das Erreichen des Ziels und mögliche Hindernisse vorstellen (visualisieren)
Damit das Ziel seine volle Anziehungskraft entwickeln kann, ist es sinnvoll, es sich möglichst genau auszumalen: Wie sieht es aus, wenn Sie endlich die gewünschte berufliche Position erreicht haben? Was fühlen Sie, wenn Sie mit Ihrem Traumpartner gemeinsam etwas unternehmen? Wie würden Ihre Freunde reagieren, wenn Sie bereits schlank und sportlich sind? Stellen Sie sich die neue Situation möglichst konkret und mit vielen Details vor.
Dennoch haben psychologische Studien ergeben, dass die Visualisierung des erreichten Ziels allein nicht in allen Fällen erfolgreich ist, d.h. nicht alle Teilnehmer der Studien, die sich sehr gut vorstellen konnten, wie sie ihr Ziel bereits erreicht haben, realisierten es auch. Stattdessen brauchte es einen weiteren Schritt, damit die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung steigt: Es zeigte sich, dass diejenigen Personen erfolgreicher sind, die sich nicht nur das Ergebnis in ihrer Phantasie ausmalen, sondern sich auch die Hindernisse auf dem Weg dorthin vorstellen.
Psychologen nennen diese Methode „mentales Kontrastieren“, das bedeutet, man stellt die Vorstellung des erreichten Wunschziels und der möglichen Hindernisse gegenüber. Die Wirksamkeit dieser Methode konnte sowohl bei beruflichen wie bei privaten Zielen und Themen (wie Beziehungen, Gesundheit etc.) nachgewiesen werden. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass wir durch die Vorstellung des Hindernisses aufmerksamer dafür werden, was das Erreichen des Ziels verhindert – und den Hindernissen dadurch mit mehr Willensstärke begegnen.
3. Die Wenn-dann-Strategie
Um den Hindernissen dann auch tatsächlich angemessen begegnen zu können – und sie aus dem Weg zu räumen – hilft als weiterer Baustein die Wenn-dann-Strategie. Wenn Sie also die Hindernisse klar erkannt haben, entwickeln Sie bereits vorher einen Plan, wie Sie darauf reagieren werden. Zum Beispiel: „Wenn ich lieber auf dem Sofa liegen bleiben möchte, statt zum Sport zu gehen, dann werde ich trotzdem sofort die bereitgestellte Sporttasche schnappen und ins Fitnessstudio gehen“ oder „Wenn ich Lust auf Fast Food bekomme, dann sage ich laut ’nein, ich verzichte‘ und esse stattdessen einen Apfel“. Wichtig daran ist, dass Sie sich vorher eine individuelle Strategie zurechtlegen, die Sie im konkreten Fall sofort anwenden können. Damit haben Sie einen sehr weiten Schritt nach vorne gemacht, um in der Situation mit mehr Willensstärke zu reagieren.
Das Visualisieren des erreichten Ziels und der Hindernisse sowie der Wenn-dann-Plan wurden von der Psychologin Gabriele Oettingen und dem Motivationspsychologen Peter M. Gollwitzer erforscht und entwickelt und unter dem Namen WOOP-Methode bekannt gemacht.
Last but not least ein guter Tipp, der beim Erreichen von Zielen fast immer weiterhilft: Setzen Sie sich einen realistischen Zeitrahmen, in dem Sie Ihr Wunschziel erreichen wollen. Also: „Bis zum 1. April 2018 habe ich meinen Chef wegen einer Gehaltserhöhung angesprochen“ oder „In den nächsten zwei Wochen gehe ich zweimal pro Woche joggen und erhöhe mein Pensum allmählich.“
Viel Freude beim Trainieren Ihrer Willensstärke!
Literaturtipps:
Gabriele Oettingen, Die Psychologie des Gelingens, München 2017.
Hans-Werner Rückert, Schluss mit dem ewigen Aufschieben. Wie Sie umsetzen, was Sie sich vornehmen, Frankfurt/Main 2006.

Was sind Haltungen – und weshalb sind sie so wichtig?
Beim Thema „Haltung“ denken wir vielleicht zuerst an berühmte Persönlichkeiten, die uns mit ihrer Haltung beeindrucken, wie beispielsweise Mahatma Gandhi, der gewaltlosen Widerstand vorlebte, oder an Barack Obamas vielzitierten Satz „Yes, we can“, der eine Haltung der Würde und Ermächtigung ausdrückt.
Haltung ist die bewusst oder unbewusst verkörperte Einstellung, eine bestimmte Erlebensstruktur, die wir mit uns selbst, mit anderen Menschen oder Situationen verbinden.
Jeder von uns nimmt immer wieder sich verändernde innere Haltungen ein, je nachdem, wer uns – und wie – begegnet, was wir gerade erleben und ob uns etwas herausfordert. In Abhängigkeit zu unserer inneren Haltung verändert sich unser Fühlen und Denken, unsere Körperhaltung und unser Tonfall etc. Zum Beispiel ob wir eher offen und wertschätzend auf jemanden zugehen oder ob wir verschlossen sind, ob wir uns etwas zutrauen oder ob wir die Haltung „daraus kann ja eh nichts werden“ wählen.
Wir können damit beeinflussen, wie wir uns in einer bestimmten Situation verhalten oder wie wir einem anderen Menschen begegnen wollen – und verändern dadurch auch unsere Wahrnehmung der Person oder der Situation. Unsere innere Haltung entscheidet darüber, wie wir eine Situation erleben – oder anders gesagt: Haltungen erzeugen Wirklichkeit. Wir werden mehr Beweise dafür sammeln, die unsere Haltung bestätigen, und auch unser Umfeld wird uns anders wahrnehmen.
Haltungen wirken nach außen und erzeugen Resonanz
Vor allem im Verhältnis zu anderen Menschen erzeugen Haltungen Resonanz und erschaffen einen Beziehungsraum. Unser Umfeld bemerkt – nicht immer bewusst – ob wir ihnen gegenüber eine bestimmte Haltung einnehmen (z.B. freundlich, neugierig, unterstützend), und welche Haltung wir uns selbst gegenüber haben (verständnisvoll, annehmend oder ablehnend). Sowohl erscheinen uns Menschen dadurch anders, wir nehmen sie wie durch einen Filter anders wahr, als auch andere Menschen anders auf uns reagieren.
Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass wir, wenn wir uns unserer Haltung bewusst sind, die Möglichkeit haben, auf die Situation einzuwirken. Wir könnten uns fragen, mit welcher Haltung wir in bestimmten Momenten reagieren – und können dies zunächst einmal anerkennen: Möglicherweise gehen wir immer in eine bestimmte Haltung, wenn wir auf eine Person aus unserem Umfeld treffen oder nehmen die gleiche Haltung ein, wenn wir vor einer beruflichen Herausforderung oder Veränderung stehen.
Die Haltung wird sich dann ganz von allein einstellen – oft ist sie ein Ergebnis aus früheren Entscheidungen, Vorannahmen und Erfahrungen. Wir können uns aber ebenso bewusst fragen, mit welcher Haltung wir in eine bestimmte Situation gehen möchten. Welche Haltung möchten wir selbst in uns tragen, wie möchten wir der Welt begegnen? Und welche Erfahrung möchten wir mit anderen (in einer konkreten Situation) machen? Wir können diese Fragen gezielt für uns beantworten, kurz bevor wir jemanden treffen oder mit etwas beginnen.
Fragen, um die eigene Haltung bewusst zu machen
Weitere Fragen, die uns unsere bisherige Haltung bewusst machen können, sind:
- Was denke ich über jemanden (über eine Situation oder Herausforderung)?
- Wie schätze ich die Situation ein?
- Mit welchem Gefühl gehe ich in eine Situation?
- Was sind meine Erwartungen (an mich selbst, an den anderen)?
- Welches Ergebnis erwarte ich, für das ich (wiederholt) Beweise gesammelt habe?
Die Haltung, für die wir uns entscheiden, unterstützt uns in der Situation; vielleicht gibt es aber auch eine neue Haltung, die wir ausprobieren wollen, um eine Veränderung zu erleben. Vielleicht möchten wir neugieriger, freier oder abenteuerlustiger sein – oder eine Haltung einnehmen, die mehr unseren Werten entspricht.
Ich wünsche allen viel Freude und gute Erfahrungen dabei, Haltungen zu entwickeln, die ihnen selbst entsprechen und die sie wertvoll finden!

Focusing
Ich lerne gerade eine neue Methode, die ich ins Coaching integrieren möchte und die mich schon seit Langem begeistert. Der amerikanische Philosoph und Psychotherapeut Eugene T. Gendlin (1926-2017) stellte in Untersuchungen an der Universität von Chicago in den 1960ern fest, dass Menschen, die gut mit Problemen und Krisen umgehen können, offenbar etwas gemeinsam haben: Sie beziehen ihr inneres Erleben und ihre körperliche Resonanz zu einem Thema, einem Problem oder einer Situation mit ein, wenn sie darüber sprechen.
Gendlin entwickelte daraus die Methode des Focusing (abgeleitet von „focus on your inner experience“). In mehreren Schritten wird die Aufmerksamkeit auf den inneren Raum gelenkt und wahrgenommen, was immer gerade da ist. Es kann beispielsweise ein flaues Gefühl im Bauch, ein Druck auf der Brust oder ein unsicheres Gefühl im Hals sein. Oft sind die Körperempfindungen vage und unkonkret und lassen sich nur schwer benennen. Im Alltag gehen sie deshalb meist unter. Im Focusing wird dagegen bewusst bei den leisen, unbestimmten Körperempfindungen verweilt und die Aufmerksamkeit immer wieder zurück auf die Körpermitte (den Bauch- und Brustraum) gelenkt.
In diesem vagen Körperempfinden, dem „Felt Sense“ oder „körperlich gefühlten Sinn“, wie er im Focusing genannt wird, ist ein Wissen über den nächsten Schritt, über eine neue Handlungsmöglichkeit, bereits angelegt. Focusing bedeutet, der „Weisheit“ des Körpers zu folgen.
Ein Entwicklungs- und Veränderungsschritt geschieht in dem Augenblick, wenn ich in Kontakt mit meinem Inneren bin und sich das Körpergefühl, wenn auch nur geringfügig, ändert. Vielleicht bemerke ich, welches Körpergefühl hinter einem Thema liegt und das ändert meine Sichtweise. Oder ich merke, dass mein Körper mir bereits eine Lösung anbietet, die ich bisher nicht beachtet habe. Entscheidend ist, dass sich die Veränderung in meinem Inneren vollzieht und nicht ausschließlich auf gedanklicher oder emotionaler Ebene.
Focusing ist damit ein sehr wertvolles Instrument für die persönliche Weiterentwicklung. Es lässt sich auf viele unterschiedliche Themen und Situationen anwenden, zum Beispiel wenn ich eine bessere Verbindung zu mir selbst und zu anderen entwickeln möchte, wenn ich eine Entscheidung treffen, ein Problem lösen oder meine Gefühle besser verstehen will, wenn ich oder körperliche Symptome ergründen oder mich von einer Abhängigkeit befreien möchte. Es hilft mir, neue Handlungsmöglichkeiten im Leben zu entwickeln.
Die einzelnen Schritte im Focusing (einen Freiraum schaffen, die Körperempfindung, den „Felt Sense“ kommen lassen, die Empfindung symbolisieren etc.) habe ich hier nur andeutungsweise skizziert. Sie können von jedem Menschen erlernt werden und mit sich selbst oder mit einem im Focusing erfahrenen Begleiter praktiziert werden. Ich selbst erfahre in dem Prozess immer wieder das Vertrauen in meinen eigenen Körper und bin berührt von dem, was sich zeigt.
Literatur:
- Eugene T. Gendlin, Focusing. Selbsthilfe bei der Lösung persönlicher Probleme, Reinbek bei Hamburg 2016.

Gelassener Umgang mit Stress
Stress gehört zu unserem Leben dazu. Jeder kennt Situationen, in denen er mit Stress reagiert, im Berufsleben ebenso wie im privaten Alltag. Der eine reagiert mit Herzklopfen, wird gereizt und hektisch, ein anderer hat Schlafstörungen, wieder ein anderer fühlt sich erschöpft und wird krank. Anhaltender Stress kann gesundheitsschädigend wirken – die durch Stresssituationen einmalig ausgelöste körperliche Aktivierung ist an sich jedoch nicht gesundheitsschädigend. Vielmehr ist der Wechsel von kurzfristiger Anspannung (Wachheit, erhöhter Aktivierung) und Entspannung ein Zeichen von Lebendigkeit.
Wie entsteht Stress?
Was jedoch tun, wenn es zuviel wird? Wenn der Stress länger anhält und uns belastet? Der erste hilfreiche Schritt ist, sich darüber klar zu werden, wie Stress entsteht. Zwei Faktoren sind entscheidend für die Auslösung von Stressreaktionen:
- Wie bewerte ich selbst die Situation und die Anforderung, die den Stress bei mir auslöst?
- Wie bewerte ich meine eigene Fähigkeit, diese Situation oder Anforderung zu bewältigen?
Stress ist ursprünglich ein Schutzmechanismus des Körpers in lebendsbedrohlichen Situationen – wir sind damit in der Lage, schneller auf Angriff oder Flucht umzuschalten, wenn wir mit einer realen Gefahr konfrontiert werden. Heute reagieren wir dagegen mit Stress auf alle möglichen Situationen und dann entscheidet unsere Interpretation, was wir als bedrohlich und schädlich einschätzen. Beispielsweise wenn Sie ein neues berufliches Projekt übertragen bekommen, kann es sein, dass Sie es als Überforderung bewerten: Es bedeutet mehr Arbeit, mehr Verantwortung und eine Einschränkung Ihrer Freizeit. Vielleicht sehen Sie es aber auch als Chance, endlich eine Aufgabe zu haben, die gut zu Ihnen passt und bei der Sie Ihre Qualitäten zeigen können.
Ebenso entsteht Stress, wenn Sie sich nicht in der Lage fühlen, die Situation aus eigener Kraft zu meistern. Wir zweifeln dann an unserer Kompetenz, bestimmte Anforderungen bewältigen zu können. Dahinter stecken oft Erfahrungen aus der Vergangenheit, in denen wir meinen, dass wir sie nicht gemeistert haben oder dass wir hilflos gewesen sind. Eine wesentliche Rolle spielt auch die Angst vor der Angst: Wir befürchten, die Situation könnte zu bedrohlich, zu angsteinflössend sein und davor möchten wir uns schützen.
Welche Möglichkeiten gibt es, mit Stress besser umzugehen?
Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die helfen, besser mit Stress umzugehen – und jeder kann für sich selbst herausfinden, welche Vorgehensweise und Strategie für ihn oder sie am wirkungsvollsten sind. Insgesamt gibt es drei Felder, die bei der Stressbewältigung entscheidend sind:
- Die eigenen Verhaltensweisen überprüfen und das Umfeld stärken. Beobachten Sie sich selbst, wie Sie reagieren, wenn Sie gestresst sind. Oft erscheint eine Aufgabe besonders überwältigend, weil wir meinen, dass wir sie sofort schaffen müssen. Nehmen Sie den Druck heraus, indem Sie die Aufgabe bewusst in kleine Schritte unterteilen, die Sie bewältigen können – das macht es viel leichter. Achten Sie auf Ihre persönlichen Grenzen und vertreten Sie sie gegebenenfalls vor anderen. Achten Sie darauf, dass es mindestens einen Menschen in Ihrem Umfeld gibt, dem Sie vertrauen und bei dem Sie sich fallen lassen können.
- Die innere Haltung entwickeln. Überlegen Sie mal, welche Haltung Sie bei Anforderungen und Schwierigkeiten einnehmen. Haben Sie Angst davor, eine negative Erfahrung zu machen oder herauszufinden, dass Sie der Situation/dem Stress nicht gewachsen sind? Welche Haltung möchten Sie stattdessen in der Situation einnehmen? Üben Sie bewusst eine Haltung ein, die Sie stärkt: „Ich sehe Schwierigkeiten als positive Herausforderung.“, „Andere sind auch nur Menschen.“, „Ich habe Vertrauen in meine persönlichen Fähigkeiten.“ (…)
- (Körperliche) Entspannung und Erholung. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass sich Angst (Stress) und Entspannung gegenseitig ausschließen. Sorgen Sie für genug Pausen und Auszeiten, in denen Sie sich erholen. Achten Sie auf das Frühwarnsystem Ihres Körpers: Was sind bei Ihnen die ersten Anzeichen von Stress? Die positive Absicht dieser körperlichen Zeichen ist, Ihnen Ihre Bedürfnisse mitzuteilen. Hören Sie darauf. Ebenso ist es manchmal notwendig, die im Stress bereitgestellte Energie abzubauen – das geht am Besten durch Sport und Bewegung.
Entscheiden Sie selbst, auf welchem Gebiet Sie beginnen möchten. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei einem entspannten und gelassenen Umgang mit Stress!
Literatur:
- Gerd Kaluza, Gelassen und sicher im Stress. Das Stresskompetenz-Buch: Stress erkennen, verstehen, bewältigen, Berlin Heidelberg 2014.