In den 1960er Jahren fanden die amerikanischen Psychologen Martin E. P. Seligman und Steven F. Maier in Versuchen mit Hunden heraus, dass wiederholte Erfahrungen von Hilf- und Machtlosigkeit dazu führen können, dass die Tiere sich standardmäßig passiv und vermeidend verhalten. Die Versuche zeigten, dass die Tiere auch dann weiterhin hilflos und resigniert reagierten, wenn sich die äußere Situation verbesserte. Das Modell der „erlernten Hilflosigkeit“ kann auf Menschen übertragen werden und meint entsprechend die Erwartung eines Individuums, bestimmte Situationen oder Sachverhalte nicht kontrollieren und beeinflussen zu können.
Mit anderen Worten verfestigt sich unter bestimmten Lebensumständen in uns der Glaube, dass wir es aus eigener Kraft nicht schaffen können, eine Situation zu verändern oder zu verbessern. Wir nehmen unbewusst eine passive Haltung ein und reden uns ein: „Ich kann nichts tun.“, „Das war schon immer so.“, „Das habe ich noch nie gekonnt.“, „An mir liegt es nicht – die anderen müssen sich verändern.“,
„Das Schicksal ist einfach gegen mich.“ Oft ist diese innere Haltung nicht spontan entstanden, sondern wurde schon früh geprägt, z.B. durch unsere Art, wie wir Misserfolge interpretieren oder auch durch ein Umfeld, das unsere scheinbare Hilflosigkeit bestärkte.
Statt unsere Möglichkeiten wahrzunehmen und auch unser Handeln so zu lenken, dass wir uns aus einer herausfordernden Situation befreien und daran wachsen, können diese inneren Stimmen uns blockieren und klein halten. Wir gehen damit in eine selbst gewählte Falle, denn wir halten so sehr an den Überzeugungen fest, dass wir nichts tun können und hilflos sind, dass wir keinen Versuch mehr unternehmen, die Dinge in die Hand zu nehmen und unser Schicksal selbst zu lenken. Damit ist nicht gemeint, dass man jede Situation ändern und kontrollieren kann – aber oft haben wir sehr viel mehr Einfluss, als wir meinen, und halten uns nur unsere erlernten Gedanken- und Verhaltensmuster zurück.
Was können wir tun, um uns aus der erlernten Hilflosigkeit zu befreien?
Was also tun gegen die Stimmen im Kopf, die uns einflüstern, wir seien machtlos? Wir können selbst einige Schritte tun, um uns aus der Falle der erlernten Hilflosigkeit zu befreien:
1. Bewusst werden. Sich selbst beobachten und herausfinden, in welchen Situationen wir vielleicht passiv/mit Hilflosigkeit reagieren und vorschnell aufgeben, obwohl wir anders hätten handeln können. In welchen Situationen könnte es sich vielleicht lohnen, unsere einschränkende Haltung aufzugeben? Was flüstert die Stimme uns wiederholt in solchen und ähnlichen Situationen zu? Glaubenssätze identifizieren und einfach mal aufschreiben.
2. Eine neue Haltung finden. Wenn Sie Ihre typischen Überzeugungen identifiziert haben – welche innere Haltung würde Sie vielleicht besser unterstützen? Könnten Sie sich selbst auch etwas sagen, wie: „Das hat (noch) nicht geklappt, aber ich kann es lernen.“ oder „Ich mache es einfach/probiere es einfach mal aus.“ oder „Ich traue mir das zu.“ Welche Überzeugung motiviert sie am meisten? Sie können es sich zu Ihrem neuen Mantra/Ihrer neuen Einstellung machen.
3. Ihre Ressourcen aktivieren. Überlegen Sie sich Beispiele, wo es in der Vergangenheit vielleicht schon geklappt hat, aktiv zu sein und Ihr Schicksal zu beeinflussen? Was haben Sie bereits selbständig und aus eigener Kraft geschafft oder gelernt? Was haben Sie schon gemeistert und welche Hindernisse haben Sie schon genommen – und sich das vorher vielleicht auch nicht zugetraut. Erzählen Sie sich selbst von Ihren Erfolgen und erkennen Sie Ihre eigenen Stärken an.
4. Kleine Schritte. Genauso wichtig wie die innere Haltung ist auch unser Handeln. Nehmen Sie sich kleine Situationen und Schritte vor, mit denen Sie Ihre neue Haltung in die Tat umsetzen wollen. Suchen Sie sich gezielt Situationen, die Sie ein kleines bisschen herausfordern und probieren Sie aus, was Sie alles erreichen können, wenn Sie es sich vornehmen. So beweisen Sie sich selbst, dass Ihr Handeln wirksam ist. Mit der Zeit trauen Sie sich mehr und mehr zu und verlieren mehr und mehr die Haltung der erlernten Hilflosigkeit.
5. Verantwortung für sich selbst. Diese Schritte führen auch dazu, dass Sie mehr Eigenverantwortung übernehmen. Sie nehmen selbst die Zügel in die Hand und lenken sich selbst sanft aber bestimmt in die Richtung, die Ihnen gefällt. Niemand anderes als Sie kann das und wenn Sie die Verantwortung für sich übernehmen, können Sie bemerken, wie Ihr Einfluss und Ihre Macht auf Ihr Leben wachsen. Wir brauchen andere – aber wir sind auch frei darin, uns selbst zu helfen und zu unterstützen. Das ist eine erwachsene Haltung.
Nun heißt es: üben, üben, üben. ;-) Ich wünsche Ihnen viel Freude, sich aus den alten Denkmustern zu befreien und eine neue, selbstverantwortliche Haltung zu entwickeln. Für ein zufriedenes und erfülltes Leben!