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    Gelassenheit, Methoden, Psychologie

    Möglichkeiten im Umgang mit starken Gefühlen

    Jeder kennt solche Situationen: Eine Bemerkung oder das Verhalten eines anderen Menschen hat uns verletzt und wir reagieren innerlich mit überschäumender Wut. Wir erleben einen Verlust oder erinnern uns an ein schmerzhaftes Erlebnis und eine große Traurigkeit steigt in uns auf. Die Intensität der Gefühle kann uns überraschen und am liebsten würden wir in diesem Moment einfach aussteigen und die Gefühle links liegen lassen – was uns aber häufig nicht gelingt.

    Oft entstehen dann auch Gedanken wie: „Ich darf auf keinen Fall so wütend (traurig, ängstlich etc.) sein!“, „Ich muss stark sein und keiner darf mir etwas anmerken.“ und sogar „Ich muss andere vor meinen intensiven Gefühlen schützen.“ Uns diese Gefühle zu erlauben, scheint in diesen Augenblicken jenseits unserer Vorstellungskraft.

    In diesem Blog-Artikel möchte ich eine Möglichkeit beschreiben, wie wir in mehreren Schritten auf solche intensiven Gefühle reagieren können – ohne uns von ihnen beherrschen zu lassen. Statt unsere Gefühle mit allen Mitteln zu bekämpfen (und sie damit oft nur noch zu verstärken) oder uns von ihnen abzuschneiden, können wir sie wahrnehmen und ihnen mit Interesse und Mitgefühl begegnen; wir können einen erwachsenen Umgang mit ihnen finden und können vielleicht sogar ihren Wert/ihre Botschaft für uns erkennen.

    Im Folgenden beschreibe ich einen Weg, durch den wir uns unserer Gefühle bewusstwerden können, sie eine Zeit lang da sein dürfen – und wir uns wieder neu entscheiden können, wie wir mit ihnen und der Situation insgesamt umgehen:

    1. Innehalten und wahrnehmen, was gerade da ist

    Der erste Schritt besteht darin, nicht in unserem üblichen Modus und Verhalten einfach weiterzumachen, sondern die Situation kurz zu unterbrechen und zu bemerken, was gerade passiert und wie wir uns fühlen. Im besten Fall verurteilen wir uns nicht gleich dafür, sondern nehmen unsere Stimmung und unser Gefühl erst einmal nur wahr, im Sinne von: „Aha, ich bin in diesem Moment sehr wütend und aufgebracht (traurig, ängstlich etc.)“ Durch diese aufmerksame Haltung ändern wir bereits etwas an dem typischen Ablauf in der Situation.

    2. Inneren Abstand schaffen

    Ein kleiner weiterer Schritt ist, innerlich etwas Abstand zu gewinnen, indem man zum Beispiel ein paar Mal ein- und ausatmet, bewusst den eigenen Körper wahrnimmt oder sich auf seine Füße und den Kontakt zum Boden konzentriert. Die Gefühle sind da, aber gleichzeitig sind wir weiterhin in Kontakt mit uns und mit der Welt; wir schaffen uns eine Basis. In manchen Situationen bedeutet Abstand auch, kurz einmal den Raum zu verlassen und ein paar Schritte zu gehen, um ein klein wenig entspannen zu können.

    3. Das Gefühl im Körper lokalisieren

    Haben wir etwas Abstand gewonnen, können wir unsere Aufmerksamkeit weiter auf unseren Körper richten und unsere Gefühle erforschen: Wo im Körper nehme ich meine Wut (Trauer etc.) gerade wahr? Gibt es eine Stelle im Bauch, im Nacken, an den Schultern, Beinen oder an einem anderen Ort? Wie groß oder klein ist der Bereich? Welche Empfindungen sind da (z.B. flattrig, brodelnd, schwer)? Indem wir das Gefühl im Körper lokalisieren und es genauer beschreiben, nähern wir uns ihm an – und nehmen es gleichzeitig mehr an. Man könnte sagen, es fühlt sich wahr- und ernstgenommen.

    4. Erlauben und Anerkennen

    Wenn wir es schaffen, das jeweilige Gefühl einfach in uns da sein zu lassen und uns ihm freundlich und aufmerksam zuzuwenden, vollziehen sich oft verblüffende Wandlungen. Es bedeutet, sich die Zeit zu nehmen, eine Weile mit dem Gefühl zu sein; in etwa als würden wir ihm eine Zeit lang Gesellschaft leisten, ohne viel zu tun. „Darf es sein, dass ich gerade … fühle?“ Wichtig bleibt, dass wir nicht anfangen, es zu bewerten oder etwas verändern zu wollen, sondern dass wir eine anerkennende, mitfühlende und vielleicht etwas neugierige Haltung einnehmen.

    Das kann besonders anfangs eher schwierig und ungewohnt erscheinen; dann genügt es auch, das Gefühl mit einem „Hallo“ zu begrüßen und ihm damit zu signalisieren, dass es willkommen ist. Hilfreich ist in jedem Fall, dabei weiter zu atmen. ;-)

    5. Im Dialog mit dem Gefühl

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    Psychologie, Ressourcen, Selbstvertrauen

    Emotionale Kompetenzen IV: Freude als Weg

    Freude ist eins der positivsten Gefühle, die wir kennen, und trotzdem gehört sie zu den am wenigsten beachteten bzw. erforschten Basis-Emotionen. Einerseits wünschen wir uns häufig mehr davon: mehr Freude und Glücksmomente in unserem Leben; andererseits sind wir scheinbar ständig in einem Mangel – oder sind es einfach nicht gewohnt, unsere Aufmerksamkeit auf die flüchtigen Momente von Glück, Zufriedenheit und Freude zu richten. Unbewusst konzentrieren wir uns oft mehr auf das, was uns daran hindert, Freude zu empfinden und glücklich zu sein.

    Dieser Blog-Artikel möchte Sie inspirieren, Ihren Fokus wieder mehr auf die Freude zu richten. Das bedeutet gleichzeitig nicht, Gefühle von Traurigkeit oder Leid zu überdecken; sie sind genauso wichtig. In unserer Freude steckt jedoch eine starke Ressource, die uns hilft, leidvolle Momente besser durchzustehen und uns ein gutes Leben aufzubauen. Die Möglichkeit, Freude zu empfinden, ist immer gleichzeitig mit allem anderen da; sie ist genauso in uns angelegt, wie die Möglichkeit Angst, Trauer oder Wut zu empfinden. Vielleicht kennen Sie solche Momente, in denen die Freude völlig unvermittelt auftaucht, nachdem Sie gerade noch eher wütend oder traurig waren…

    Was ist Freude und welche Funktion hat sie?

    Freude ist eine Reaktion darauf, dass wir ein für uns wünschenswertes Ziel erreicht haben, dass wir uns in einer vertrauten und sicheren Umgebung befinden, und sie zeigt sich in einem körperlich entspannten – oder freudig angeregten – Zustand. Sie lässt sich (zeitlich) einteilen in:

    – kürzere Freuden- und Glücksmomente

    – länger anhaltende Freude und Stolz über Lebensereignisse und persönliche Erfolge

    – Lebensfreude als innere Einstellung

    Evolutionär betrachtet war die Freude in früheren Zeiten nicht nur dazu da, um uns angenehme Gefühle zu verschaffen, sondern sie war ebenso wie die „negativen“ Gefühle, Angst, Wut und Trauer, auf unser Überleben ausgerichtet; beispielsweise erfahrbar anhand der Freude über die Geburt eines Kindes oder den Sieg über einen Gegner. Darüber hinaus förderte sie die sozialen Bindungen, die Bildung von Gemeinschaft und die allmähliche Entwicklung einer Kultur. Positive Gefühle wie Freude, Lachen, Lieben, Lust und Zufriedenheit erwiesen sich als evolutionär von Vorteil und waren äußerst attraktiv, wenn es darum ging, einen Partner zu wählen, auf die Zukunft gerichtet zu planen und etwas aufzubauen.

    Diesen Effekt hat die Freude bis heute: Sie stärkt unsere Bindungen und erweitert zugleich unsere Denk- und Handlungsmöglichkeiten. Optimismus und Freude wirken anziehend auf uns und tragen dazu bei, dass bestehende Beziehungen gefestigt werden und neue entstehen. Gleichzeitig sind wir offener, weltzugewandter und lernen leichter, wenn wir Freude empfinden. Sie bewirkt eine Aktivierung unserer Geistesaktivitäten: Wir sind kreativer und gehen spielerischer an Aufgaben und Herausforderungen heran; wir finden eher zu neuen Lösungen, wenn wir in einem entspannt-freudigen Zustand sind.

    Freude als Weg

    Wenn wir davon ausgehen, dass alle Emotionen, positive wie negative, eine Signalwirkung auf uns haben, dann zeigt unsere Freude uns am ehesten an, wo wir gerade richtig sind, wonach unser Innerstes sich sehnt und in welche Richtung es für uns geht. Statt sich daran zu orientieren, was von außen gesehen sinnvoll erscheint und was wir selbst und andere von uns erwarten, können wir uns für die Freude als Weg entscheiden. Es ist gleichbedeutend damit, unserer inneren Stimme zu vertrauen und ihr zu folgen. Unsere Freude gibt uns einen möglichen Zugang dazu und zeigt uns, welche Ressourcen wir bereits besitzen und in unserem Leben ausbauen sollten.

    Am besten finden wir selbst heraus, was uns freut und glücklich macht: ob wir uns beruflich eher Beständigkeit und Routine wünschen oder ob wir uns lieber mit einer verrückten Idee selbständig machen, ob wir einen Partner wählen, der die gleichen Vorstellungen hat und gut in unsere Familie passt, oder ob wir uns für einen Partner entscheiden, der uns mit seinem besonderen Humor zum Lachen bringt; ob wir am liebsten Kleider tragen, die aktuell modern sind oder solche, die uns einfach selbst viel Spaß machen… Es gibt viele Möglichkeiten und wir können unserem eigenen, individuellen Weg folgen.

    – von der Angst, Freude zu empfinden

    Trotzdem kann es passieren, dass wir uns selbst die Freude nicht erlauben. Manchmal erscheint es leichter, an negativen Vorstellungen festzuhalten und damit das Schlimmste schon vorwegzunehmen. Wir feiern beispielsweise unsere Erfolge nicht oder erlauben uns selbst nicht, optimistisch zu sein und auszuhalten, was uns Freude macht. Damit kann die Angst verbunden sein, dass das was uns freut nicht von Dauer sein wird oder wir das Unglück selbst einladen, wenn wir uns erlauben, uns zu freuen. Freude kann eine sehr intensive Erfahrung sein, die uns verletzbar macht. Wenn wir das tun, was uns Freude macht, steckt darin oft auch ein großes Potential von uns – und es kann schwer sein, diese Größe auszuhalten.

    Wie wir mehr Freude in unser Leben bringen können

    Wenn wir es dabei nicht belassen wollen, haben wir die Möglichkeit, unsere Ängste wahrzunehmen und anzuerkennen – uns aber bewusst für unsere Freude zu entscheiden. Meistens hilft es, wenn wir kurz innehalten und uns fragen, welches Gefühl gerade überwiegt – Angst oder Freude – und uns fragen, welche Richtung wir wirklich einschlagen wollen. Es hilft uns dabei, wieder frei zu werden.

    Darüber hinaus sind Möglichkeiten, mehr Freude in unser Leben zu bringen:

    Dankbarkeit und Optimismus: Dankbarkeit und Freude gehören eng zusammen, beispielsweise, wenn wir anerkennen, was bereits alles in unserem Leben ist, für das wir dankbar sein können (eine Möglichkeit: ein Dankbarkeits-Tagebuch!).

    soziale Beziehungen pflegen: Freude ist ein Gefühl, das sich vermehrt, wenn wir es teilen… Unsere Beziehungen (Freunde, Familie, Partnerschaften, Kollegen etc.) sind eine unserer größten Quellen für Glück und Freude. Geben Sie Ihrer Freude Ausdruck und sagen Sie es Menschen in Ihrer Umgebung, wenn Sie sie mögen, oder investieren Sie in neue Beziehungen.

    Stress, Schwierigkeiten und Traumata bewältigen: Manchmal geht es auch darum, uns unseren Problemen zu stellen und neue Bewältigungsstrategien zu erlernen, um Freude wieder möglich zu machen. Dabei ist besonders wichtig, Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln. Vielleicht entdecken wir in den schwierigen Situationen sogar positive Aspekte und Entwicklungsschritte für unser Leben.

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    Psychologie, Ressourcen, Selbstvertrauen

    Emotionale Kompetenzen III: Die Traurigkeit wertschätzen

    Nach meiner Wahrnehmung ist jeder Trauerprozess individuell und der Verlauf kann nicht vorhergesagt werden. Jeder Mensch trauert auf seine Weise: Der eine weint viel und sucht den Trost von Freunden und Familienmitgliedern, ein anderer zieht sich zurück und braucht Zeit, um seine Erfahrungen zu verarbeiten, wieder ein anderer sucht Unterstützung bei nur einer Person, der er oder sie vertraut… Das Trauern kann laut oder eher leise passieren; es ist immer ein inwendiger Prozess, kann aber auch im Außen sichtbar sein und viele Ausdrucksformen annehmen. Keine Art zu trauern ist verkehrt, wichtig ist jedoch aufmerksam zu bleiben und zu bemerken, welche Form die Trauer annimmt.

    Welche Funktion hat Trauer?

    Sicher gibt es auch unterschiedliche Grade von Traurigkeit und Trauer. Ein Kind kann intensiv traurig darüber sein, sein Spielzeug verloren zu haben, eine erwachsene Person ist vielleicht traurig, weil sie gerade eine kritische Bemerkung über sich gehört hat, oder jemand trauert über den Verlust eines geliebten Menschen oder des Arbeitsplatzes. Die ursprüngliche Funktion der Traurigkeit/Trauer ist, einen Verlust bzw. eine Verletzung anzuzeigen. Ebenso steckt darin eine grundlegende Möglichkeit, wie wir diese Erfahrung verarbeiten können, wenn das Trauern (auf unsere eigene Weise) sein darf. Statt Angst davor zu haben und die Traurigkeit zu unterdrücken, kann die Trauer als eine gesunde und sinnvolle Reaktion verstanden werden.

    Trauer kann eine sinnvolle Basisreaktionsmöglichkeit sein, mit der wir der Verletzung Ausdruck geben, uns selbst den Raum und die Zeit nehmen, damit umzugehen, womöglich sogar neue Kräfte generieren, die uns helfen, die veränderte Lebenssituation zu organisieren, und sie unterstützt uns darin, weitere Gefühle, wie Frust und Zorn zu erleben. Auch in der Trauer (wie schon in der Wut, der Angst) steckt viel Energie. Ein wesentlicher Faktor ist die Zeit, die wir uns selbst geben, um die Trauer erleben zu dürfen. Auch hier gibt es kein einheitliches Maß, das für den Trauerprozess bei allen Menschen gleich wäre und es hängt ebenso von dem auslösenden Lebensereignis ab. Hält die Trauer über einen Verlust einen längeren Zeitraum an und gelingt keine ausreichende Trauerverarbeitung, kann sich möglicherweise eine Anpassungsstörung (Anpassung an die veränderten Lebensumstände) entwickeln.

    Unterschiede zwischen Trauer und Depression

    In diesem Blogbeitrag schreibe ich hauptsächlich über die Basis-Emotion Trauer, die es als unmittelbare menschliche Reaktion auftreten kann. Trotzdem ist ein kurzer Blick auf die Unterschiede zwischen Traurigkeit und Depression sinnvoll. Die Depression beschreibt einen Zustand der deutlich gedrückten Stimmungslage und Antriebslosigkeit, der über mindestens zwei Wochen andauert. Sie unterscheidet sich wesentlich von einer Trauerreaktion, da bei einer Depression gerade das Gefühl der Gefühllosigkeit, also das Unvermögen, Gefühle wie Trauer, Freude, Mitleid, Liebe oder andere, zu empfinden, auftritt. An Depression erkrankte Menschen sagen häufiger aus, dass sie sich als wie versteinert, gleichgültig oder leer empfinden. Um genauer zwischen Trauer und Depression zu unterscheiden und um herauszufinden, ob ein Mensch an Depressionen erkrankt ist, ist es notwendig, einen Psychotherapeuten oder Arzt aufzusuchen.

    Übrigens können in einem Trauerprozess auch die vier Phasen der Trauerbewältigung auftauchen, die von der Schweizer Psychologin Verena Kast beschrieben werden (1. Leugnen, 2. aufbrechende Emotionen, 3. Suchen und Sich-Trennen, 4. Neuer Selbst- und Weltbezug). Es ist aber keineswegs gesagt, dass sie genau so und immer in dieser Reihenfolge ablaufen.

    Wie geht man mit der Trauer sinnvoll um?

    Wie aber reagiert man selbst am besten auf Gefühle der Trauer? Trauer kann sich anfühlen wie eine Welle, die über einen hineinbricht, oder wie ein Meer von Traurigkeit, das schier endlos erscheint… Sie kann ohne Vorwarnung auftreten oder einen wiederholt begleiten. Das Ausmaß der Traurigkeit kann einem Angst machen; obwohl sie eine lebenswichtige Funktion hat, fällt es oft schwer, das Gefühl zuzulassen. Wie auch die Wut wird die Trauer zu den „negativen“ Gefühlen gezählt, die gesellschaftlich nicht anerkannt sind. Deshalb spielt sich Trauer häufig leise und im Verborgenen ab; niemand soll mitbekommen, welche überwältigenden Gefühle einen gerade gefangen nehmen. Nicht zu jeder Zeit und Kultur ist dieser Umgang mit Trauer jedoch gleich; in manchen Epochen und Kulturkreisen gehören beispielsweise lautes Weinen und Schreien zur Trauerklage um einen Verstorbenen.

    Im besten Fall darf die Traurigkeit da sein; ob sie sich nun in Weinen äußert, in langen Gesprächen, Schweigen, im zeitweisen Rückzug, in langen Spaziergängen oder… Wenn wir bemerken, dass eine Traurigkeit in uns aufkommt, ist es gut, ihr mit einer freundlichen, aufmerksamen Haltung zu begegnen; ähnlich einem „Aha, du bist auch da.“ Statt sie direkt abschütteln zu wollen, können wir uns vielleicht entscheiden, sie für eine kurze Zeit anwesend sein zu lassen. Dabei hilft, wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, dass sie auch etwas für uns (statt gegen uns) will: Sie hilft uns, den Verlust besser zu verarbeiten, sie reinigt uns, sie hilft uns vielleicht dabei, besser loszulassen, und sie erhält in uns eine Weichheit. Wenn wir es schaffen, uns eine Zeitlang auf die Traurigkeit einzulassen, kann das eine enorm befreiende und verändernde Wirkung haben.

    Die Traurigkeit wertschätzen

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    Gelassenheit, Psychologie, Ressourcen

    Emotionale Kompetenzen II: Wohin mit der Wut?

    „Ich bin so wütend, dass ich laut schreien könnte“, „Vor lauter Wut sehe ich dann nur noch rot“, „Wenn die Wut in mir hochsteigt, fühlt es sich an, als würde gleich ein Vulkan ausbrechen“. Solche und ähnliche Reaktionen kennen viele von uns – und nicht selten haben wir Angst davor und versuchen in solchen Momenten, die Wut herunter zu schlucken und zu unterdrücken. Wir befürchten, dass etwas Katastrophales passieren würde, wenn wir unserer Wut Ausdruck verleihen. In unserem Kulturkreis zählt die Wut zu den „negativen“ Emotionen, die gesellschaftlich weniger erlaubt sind.

    Dabei hat die Wut – ebenso wie die Angst – eine wichtige Signalfunktion, die uns unterstützen soll. Die Wut zeigt uns an, dass unsere Grenzen überschritten werden. Jemand hat etwas gesagt, das uns verletzt – und wir reagieren wütend. Eine Person kommt uns zu nahe und wirkt bedrohlich auf uns – sofort werden wir wütend und verteidigen unseren Raum. Aus der Perspektive unserer steinzeitlichen Vorfahren betrachtet, bedeutet es nichts anderes, als das Signal, dass jemand von außen unser Territorium angreift und wir gut daran tun, uns davor zu schützen. Und noch eine Funktion hat die Wut: Wir setzen sie ein, um für unsere Bedürfnisse einzustehen.

    Trotzdem gilt auch hier, dass wir nicht jedes Mal vor Wut platzen können oder auf unser Gegenüber losgehen sollten, wenn jemand unseren Grenzen zu nahe kommt. Stattdessen hilft es uns, wenn wir Wege finden, unsere Wut anzuerkennen und einen guten Umgang mit ihr zu finden. Ebenso wichtig ist aus meiner Sicht, dass wir nicht nur lernen, unsere Wut zu regulieren und sie nicht in allen Situationen ungefiltert herauszulassen – sondern dass wir zudem lernen, wie wir unsere Wut angemessen ausdrücken können. Beide Aspekte sind angesprochen, wenn es um emotionale Kompetenz geht. Die Hauptfragen lauten also: Wohin mit meiner Wut? Und: Wie zeige ich meine Wut angemessen in Situationen, in denen es wichtig ist?

    Wut hat ebenso eine konstruktive, schöpferische Seite

    Wut ist eine sehr nützliche und sogar notwendige Energie, wenn wir uns in einer Situation behaupten müssen, beispielsweise in Diskussionen oder wenn sich jemand uns gegenüber ungerecht verhält etc. Dann kommt es wieder darauf an, die Wut in einem für uns guten Maß zu zeigen; das heißt, dass wir nicht überschäumen vor Wut, sie uns aber auch nicht generell verbieten und uns wiederholt anderen unterwerfen. Wut als konstruktive Kraft kann sich beispielsweise in der Leidenschaft für eine Sache zeigen, im Einsatz für Gerechtigkeit, im Dranbleiben an einer wichtigen Aufgabe, in der Kraft und in dem Mut etwas zu Verändern. Dafür braucht es oft auch eine gewisse Wut.

    Oft wird befürchtet, die Wut könne schnell in Aggression umschlagen; wir könnten die Kontrolle verlieren und dadurch uns selbst und anderen schaden. Bei einer deutlich überhöhten Dosis stimmt das auch – allerdings gilt das für fast jedes Gefühl und jeden Zustand. Aggressivität hat sowohl eine zerstörerische, als auch eine schöpferische Seite. Das bedeutet, wir können Wut ebenso wie Aggressivität sowohl einsetzen, um damit etwas Neues zu schaffen, als auch dafür, etwas zu zerstören. Im besten Fall entsteht daraus neues Wachstum und Lebendigkeit.

    Und noch ein Wort zur unterschiedlichen Bewertung von Wut bei Männern und Frauen: Während Wut bei Jungen und Männern weitaus mehr anerkannt und akzeptiert wird, unterdrücken Frauen ihre Wut sehr viel häufiger und sie wird bei ihnen weitaus seltener akzeptiert. Frauen haben oft viel weniger Wege erlernt, um ihre Wut herauszulassen und zu zeigen, und wenn sie es tun, werden sie häufig dafür kritisiert.

    Welche Möglichkeiten gibt es nun aber, um unsere Wut angemessen umzugehen bzw. sie zu zeigen?

    Für einen angemessenen Umgang mit Wut

    1. Der erste Schritt ist immer, innezuhalten und die Wut wahrzunehmen. Zugegeben ist das beim Umgang mit Wut oft leichter gesagt als getan, weil die Wut oft auch plötzlich, als schnelle Reaktion auftaucht. Gerade dann kann es helfen, wenn Sie ein gutes Frühwarnsystem entwickeln, indem Sie beobachten, welche ersten Anzeichen bei Ihnen die Wut ankündigen (Herzklopfen, Enge im Hals, geballte Hände o.ä.). Manchmal genügt es schon, die Wut zu bemerken und sozusagen zu begrüßen: „Aha, etwas in mir ist wütend.“

    2. Ähnlich wie bei der Angst hilft es auch bei der Wut, wenn Sie bemerken, dass ein Teil von Ihnen zwar wütend ist (Partialisieren), sich aber bewusst sind, dass Sie gleichzeitig noch andere Seiten und Eigenschaften besitzen, die Ihnen vielleicht sogar helfen, in der Situation gut reagieren zu können. Wenn Sie Ihre Wut nur als einen Teil von sich wahrnehmen, machen Sie sich selbst damit größer als das Gefühl. Vielleicht hat Ihnen ja zum Beispiel Ihre humorvolle Seite schon oft geholfen, in der Situation zu entspannen.

    3. Mit dem Innehalten kann auch eine weitere Möglichkeit im Umgang mit der Wut verbunden werden: Unterbrechen Sie Ihr übliches Reiz-Reaktions-Schema! Sobald Sie merken, dass die Wut in Ihnen hochsteigt, legen Sie bewusst eine Pause ein und steigen Sie aus der Situation aus, zum Beispiel indem Sie das Gespräch vertagen, die Situation ganz verlassen oder indem Sie sich bewusst dafür entscheiden, etwa anderes zu tun. Gehen Sie spazieren oder zählen Sie langsam bis zehn! Alles, was Sie entspannt und Ihre übliche Reaktion unterbricht, ist erlaubt.

    4. Wertschätzen Sie Ihre Wut! Oben im Text habe ich erläutert, dass die Wut immer auch eine Funktion hat, die Sie unterstützt bzw. die Ihnen etwas Gutes will. Wenn Sie Ihre Wut in einem entspannten Zustand betrachten: Gibt es etwas daran, das positiv ist und das Ihnen in einigen Situationen auch geholfen hat? Gibt es auch etwas, das Ihnen an Ihrer Wut gefällt, das Sie vielleicht sogar mögen? Falls Sie etwas finden, wertschätzen Sie es und freunden Sie sich mit diesen Aspekten an.

    5. Lokalisieren Sie die Wut in Ihrem Körper. Zur Wahrnehmung und zum Anerkennen der Wut kann auch gehören, dass Sie das Gefühl zunächst einmal in Ihrem Körper selbst fühlen. Wo im Körper spüren Sie die Wut? Welche Größe hat sie in diesem Bereich? Welche Qualität besitzt sie? Hat die Wut eine Farbe? Indem Sie die Wut körperlich genauer eingrenzen und beschreiben, erforschen sie sie auch und machen sich mit ihr vertraut. Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Wut richten, findet manchmal schon eine kleine Veränderung statt.

    6. Die Wut kanalisieren. In der Wut steckt auch eine starke Energie, die Sie für sich nutzen können, indem Sie sie umlenken. Statt sich auf das Gegenüber zu konzentrieren und sich maßlos über die andere Person aufzuregen oder sie sogar zu attackieren, entscheiden Sie sich bewusst, die Energie für andere Dinge einzusetzen. Sie können zum Beispiel die Energie in Ihren Lieblingssport einbringen, in den Frühjahrsputz Ihrer Wohnung oder kämpfen Sie leidenschaftlich für eine gerechte Sache – Hauptsache, die Energie fließt dahin, wo es für Sie Sinn macht und sich gut anfühlt.

    7. Eine der einfachsten und wirksamsten Methoden, damit die Wut sich entladen kann, ist Bewegung. In Bewegung und bei allen möglichen Sportarten lassen sich Stress und eben auch Wut sehr gut abbauen; Sie können Sie sogar gezielt nutzen, um mehr Kraft oder Schnelligkeit zu entwickeln und setzen dabei neue Energie frei. Meistens entstehen im Anschluss daran verstärkt positive Gefühle und Sie fühlen sich insgesamt wohler. Meine Lieblingsmethode ist das Laufen, aber auch Kickboxen, Schwimmen oder Tanzen sind erlaubt. ;-)

    8. Sport ist eine Methode, um Entspannung zu erreichen – und im entspannten Zustand sind Sie selten wütend. Weitere Möglichkeiten, um im richtigen Moment Entspannung abrufen zu können, können unter anderem sein: Autogenes Training, Tai Chi, Meditation, beruhigende Selbstgespräche oder… Finden Sie Ihre eigene Methode, mit der Sie bei Herausforderungen am besten entspannen können!

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    Gelassenheit, Psychologie, Ressourcen

    Emotionale Kompetenzen I: Umgang mit Angst

    Das Ziel im Leben ist es, all unser Lachen zu lachen und all unsere Tränen zu weinen. Was auch immer sich uns offenbart, es ist das Leben, das sich darin zeigt, und es ist immer ein Geschenk, sich damit zu verbinden. (Marshall B. Rosenberg)

    Kein Thema betrifft den Menschen so unmittelbar wie der Umgang mit den eigenen Gefühlen. Von einer lähmenden Angst oder Furcht, zu ohnmächtiger Wut, einem Meer der Traurigkeit bis hin zu übersprudelnder Freude… erleben wir von unserer Kindheit an eine große Bandbreite unterschiedlicher Emotionen und Gefühle. Nicht immer fällt es uns leicht, unsere Gefühle anzunehmen, sie offen zu zeigen oder auch in angemessener Weise zu regulieren. Das Erleben intensiver Gefühle kann uns Angst machen und einige Emotionen sind gesellschaftlich eher erlaubt als andere.

    Gefühle einfach wegzudrücken kann nicht der beste Weg sein, mit ihnen umzugehen; andererseits können wir sie auch nicht ständig ungefiltert zeigen. In unserer Kindheit haben wir meist einen bestimmten Umgang mit Gefühlen erlernt, der uns auch später noch erhalten bleibt – der aber nicht immer unbedingt förderlich für uns ist. Mehr Emotionale Intelligenz (und Kompetenz) zu entwickeln, bedeutet einen Umgang mit Emotionen zu finden, der uns mehr unterstützt und die Kraft, die in unseren Gefühlen steckt, besser freisetzt.

    Ich möchte dem konstruktiven Umgang mit Gefühlen und der Entwicklung von emotionaler Kompetenz eine eigene Blog-Serie widmen, die sich mit den Grundformen der Gefühle und ihrer jeweiligen Funktion beschäftigt, sowie mit der Frage nach einem angemessenen Umgang mit den Emotionen. Die Aufmerksamkeit richtet sich dabei auf die Basis-Emotionen Angst, Trauer, Wut, und Freude, die zu den big six gehören, die 1872 erstmals von Charles Darwin hervorgehoben und erforscht wurden. Die Artikel zielen dabei nicht auf Vollständigkeit, sondern sind als einführende Gedanken zu verstehen.

    Welche Funktion hat die Angst?

    Die erste Funktion der Angst ist, uns in Alarmbereitschaft zu versetzen. Steinzeitlich betrachtet war es für unser Überleben wichtig, dass wir angemessen und schnell auf eine drohende Gefahr reagieren konnten. Das heißt in frühen Zeiten mussten wir, wenn ein Tiger auf uns zukam blitzschnell reagieren, um nicht gefressen zu werden. Die typischen Reaktionen waren fight, freeze or flight; wir mussten in Sekundenschnelle entscheiden, welche davon wir wählen, ob es die beste Lösung für uns war, zu kämpfen, zu erstarren (uns zu unterwerfen) oder zu flüchten.

    Zwar leben wir nicht mehr in der Steinzeit, dennoch haben sich diese frühen Überlebensmuster tief in uns eingegraben und fast jeder kennt den Impuls, in einer Situation, die uns ängstigt, zu fliehen oder in den Angriff überzugehen. Bis heute sichern wir damit unser Überleben bzw. erkennen und meistern wir damit für uns bedrohlich erscheinende Situationen. Schwierig wird es nur, wenn wir diese Reaktionsmuster immer wieder in Situationen anwenden, die wir als bedrohlich für uns wahrnehmen, die in Wirklichkeit aber für uns händelbar sind; wenn wir zum Beispiel immer flüchten, wenn es für uns schwierig wird. Nicht immer stehen wir vor einem vermeintlichen Tiger.

    Grundformen der Angst

    In einem früheren Beitrag habe ich bereits auf die vier Grundformen der Angst nach Fritz Riemann hingewiesen, die ich hier nur verkürzt benennen möchte. Jeder Mensch hat diesem Modell zufolge die Tendenz zu einer dieser Grundängste, und es gehört zu seiner Lebensaufgabe, einen guten Umgang damit zu erlernen. Diese vier Grundformen sind: die Angst vor der Hingabe (entspricht der Existenzangst), die Angst vor der Selbstwerdung (oder Trennungsangst), die Angst vor Veränderung (Angst vor Schuld und Strafe) und die Angst vor der Notwendigkeit (Angst vor Minderwertigkeit).

    Dazwischen gibt es eine ganze Reihe individueller Ängste, die auf den jeweiligen Erlebenskontext bezogen sind – wie zum Beispiel, die Angst vor dem Scheitern, die Angst vor der Höhe, Angst davor, sich zu blamieren – die sich jedoch häufig auf eine der vier Grundformen der Angst zurückbeziehen lassen. Spannend ist, diese Formen der Angst nicht als Fehler oder Schwäche anzusehen, sondern als Möglichkeit zur Entwicklung zu begreifen. Die Ängste müssen auch keineswegs pathologisch sein! Dagegen kann es sehr aufschlussreich sein, sich selbst zu fragen, zu welcher Angst man häufig tendiert.

    Mit der Angst, statt dagegen

    Wie aber lässt sich der Angst gut begegnen? Wie kann sie angemessen gefühlt und womöglich auch gezeigt werden? Sicher hat jeder schon seine eigenen Strategien im Umgang mit Angst entwickelt und dabei hoffentlich erfahren, dass die Angst dadurch kleiner und handhabbarer geworden ist. Bestimmte Schritte helfen besonders gut im Umgang mit der Angst:

    Erste Hilfe bei der Bewältigung von Angst ist oft, die Angst in Teilschritte zu zerlegen, sowie sie als Teil von mir statt als Ganzes, mit dem ich mich identifiziere, wahrzunehmen (zu partialisieren). Meist gelingt es leichter, zunächst einen kleinen Schritt in Richtung dessen zu machen, was mir Angst macht, statt gleich komplett etwas zu tun, vor dem ich Angst habe. Auch die Erkenntnis, dass ich nicht meine Angst bin, sondern nur etwas in mir gerade ängstlich ist, ich selbst aber größer als dieser Teil bin, hilft, die Angst auf ein geringeres Maß zu schrumpfen.

    Im Prinzip geht es im ersten Schritt immer darum die Angst einfach wahrzunehmen; mir bewusst zu machen, dass ich gerade Angst habe. Im besten Fall kann ich es freundlich wahrnehmen; es ist auch okay, wenn ich gerade Angst habe. Wenn ich meine Angst wahrnehme, kann ich sie weiter konkretisieren: Wie groß ist die Angst? Fühle ich sie einen bestimmten Ort im Körper? Wie fühle ich meine Angst? Hat sie eine bestimmte Farbe? …

    Vielleicht erinnere ich mich an frühere Situationen, in denen ich ängstlich war. Wie habe ich damals reagiert? Habe ich meine Angst schon einmal erfolgreich gemeistert? Und wie habe ich es damals geschafft? Wie hat sich das damals angefühlt? Erfolgserlebnisse und geleistete Angstbewältigung helfen ebenfalls, mit neuen, herausfordernden Situationen und Ängsten umzugehen.

    Manchmal erinnere ich mich aber auch an Erfahrungen, in denen es schlecht lieft; in denen ich zum Beispiel weniger gut mit meiner Angst klargekommen bin. Auch dann kann ich mich fragen: Wo lief es schlecht? Wie habe ich unbewusst reagiert? Aus solchen Situationen können wir für den Umgang mit der Angst heute etwas lernen: Welche Verhaltensweisen wären denkbar gewesen?

    Möglicherweise bemerke ich dann, dass ich einen neue Bewältigungsstrategien brauche, um die Situation für mich zu verbessern: Es kann sein, dass ich lernen muss, besser Grenzen zu setzen und anderen mitzuteilen, was für mich o.k. und was für mich nicht o.k. ist. Oder ich kann lernen, meine körperliche Reaktion neu zu bewerten: Es für mich anzunehmen, dass ich vor Lampenfieber schwitze, rot werde, wenn ich vor einer Gruppe spreche oder zittere, wenn ich ein bestimmtes Gespräch führe. Das alles ist o.k., weil es mich menschlich (und authentisch) macht.

    Kleiner Trick: oft hilft Bewegung, wenn die Angst und meine körperlichen Reaktionen sehr stark sind: ein Spaziergang, mehr Ausdauersport und auch Treppensteigen können akute Angst verringern und uns aus der Erstarrung lösen.

    Eine wichtige Frage ist auch: Welche Erwartung (welche Sehnsucht, welches Bedürfnis) steht hinter meinem Gefühl der Angst? Oft steckt in der Angst eine wichtige Botschaft für mich, auf die ich achten sollte. Ich könnte zum Beispiel herausfinden, dass ich mir mehr Respekt oder mehr Schutz wünsche und mir dann überlegen, wie ich dieses Bedürfnis neu erfüllen kann – was ich brauche, um mich in der Situation wohler zu fühlen. Wenn ich das Bedürfnis hinter meiner Angst kenne, kann ich es auch leichter an jemand anderem kommunizieren, der beteiligt ist. 

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    Den inneren Kritiker neu bewerten

    „Schon wieder etwas falsch gemacht! Das lernst du nie. Streng dich mehr an! Andere können das viel besser. Sei doch nicht so ein Angsthase! Du musst mehr Geld verdienen. Sei doch nicht so ein Angeber! Du musst immer freundlich sein. Sei doch…!“ So oder so ähnlich hört sich unser innerer Kritiker in manchen Momenten an; und die Liste kann endlos fortgesetzt werden. Oft ist uns gar nicht bewusst, was wir uns selbst wiederholt erzählen, bis uns irgendwann auffällt, wie streng wir mit uns selbst ins Gericht gehen.

    Der „innerer Kritiker“ ist diejenige Instanz in uns, mit der wir ständig uns selbst (und andere) bewerten. Dem inneren Kritiker kann man es nie wirklich recht machen, immer gibt es etwas zu nörgeln, machen wir etwas nicht gut genug oder suchen wir den Fehler bei uns. Es ist möglich, dass uns die Stimme des inneren Kritikers an jemanden erinnert, sei es an einen Elternteil, an eine ungeliebte Tante oder an eine andere autoritäre Person aus unserem Leben. Der innere Kritiker/die innere Kritikerin kann für verschiedene innere Personen stehen und kann sich in unterschiedlichen – negativen und destruktiven – Botschaften zeigen.

    Die häufigste Reaktion, wenn wir den inneren Kritiker bemerken, ist, dass wir genervt sind und ihn möglichst schnell loswerden wollen. Vielleicht ärgern wir uns auch über uns selbst, dass wir es nicht besser wissen und kein stärkeres Selbstwertgefühl besitzen. Problematisch daran ist jedoch, dass der innere Kritiker gerade dann immer stärker wird, je mehr wir ihn ablehnen oder gegen ihn kämpfen. Wenn wir versuchen, die innere Stimme zum Schweigen zu bringen, meldet sie sich nur umso lauter – und wir verwenden viel Energie und Aufmerksamkeit darauf, damit gerade das nicht eintritt: ein Teufelskreis.

    Was aber ist ein guter Weg, mit dem inneren Kritiker umzugehen?

    Den inneren Kritiker identifizieren

    Der erste Schritt bleibt es, den inneren Kritiker zu identifizieren. Das gelingt am besten, wenn man beobachtet, in welchen Situationen man besonders kritisch und wertend mit sich umgeht. Welche Bewertungen über sich oder über die Situation gibt man unbewusst ab? Hilfreich sind dazu die folgenden Fragen:

    • Wie spreche ich gerade mit mir selbst (freundlich/streng, liebevoll/kritisch)?
    • Welche Sätze sage ich mir wiederholt selbst in herausfordernden Situationen?
    • In welchen Situationen sage ich innerlich zu mir: „Ich muss…“, Ich sollte…“?
    • Wie lauten die Sätze, die mit „Ich muss…“, „Ich sollte…“ beginnen?
    • Gibt es weitere negative Sätze und Bewertungen, die ich mir wiederholt sage?
    • Habe ich diese Sätze früher schon mal von jemand anderem gehört?

    Obwohl der innere Kritiker höchst unangenehm sein kann und für unser Selbstwertgefühl sicherlich nicht förderlich ist, ist er dennoch für uns da und hat eine Funktion. Meist enthält geht er zurück auf eine Erfahrung, die wir gemacht haben und in der seine Botschaft/Haltung uns vor etwas schützen oder etwas Gutes für uns bewirken sollte. Etwa: „Wenn ich mich mehr anstrenge, leiste ich mehr – und wenn ich mehr leiste, werde ich gemocht.“ oder: „Wenn ich einen Fehler mache, bedeutet das eine Katastrophe – es ist besser, gut darauf zu achten, nichts falsch zu machen.“ So oder so ähnlich könnten die unbewussten Absichten unseres Kritikers lauten.

    Den inneren Kritiker neu bewerten

    Der innere Kritiker ist nicht unser Feind! Wie kann man ihn aber stattdessen wahrnehmen und bewerten? Man könnte sagen, der Kritiker ist eine Instanz, die Gutes für uns will, die Art und Weise, wie sie es tut, ist jedoch leider negativ und wenig unterstützend für uns. Der Kritiker übt Druck auf uns aus, um zum Ergebnis zu kommen und kann uns dabei blockieren und im Weg stehen. Statt diesem „Tyrannen“ jedoch mit eben soviel Druck zu begegnen, hilft es weitaus mehr anzuerkennen, dass er ursprünglich etwas für uns und nicht gegen uns beabsichtigte. Darin liegen auch die zwei Seiten des inneren Kritikers, der uns einerseits durch seine Negativität schadet, andererseits jedoch immer auch einen positiven Aspekt für uns enthält.

    Wenn wir den Kritiker also neu bewerten wollen, helfen uns die folgenden Fragen weiter:

    • Gibt es eine positive Absicht in den Botschaften des inneren Kritikers?
    • Wozu könnte der innere Kritiker auch gut sein?
    • Gab es schon einmal Situationen, in denen uns der innere Kritiker geholfen hat?
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    Methoden, Psychologie

    Was ist eigentlich… eine paradoxe Intervention?

    Das kennt vermutlich jeder: Wir haben uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, das wir gern in Siebenmeilenstiefeln erreichen möchten, kommen aber scheinbar einfach nicht vom Fleck. Wir wollen alte Gewohnheiten loswerden und strengen uns erst recht an, aber irgendetwas kommt immer dazwischen und unsere Vorsätze geraten ins Wanken. Sei es, dass wir mehr Sport machen möchten, selbstbewusster unsere Meinung vertreten möchten oder endlich unsere Selbständigkeit planen wollen. Je mehr wir uns anstrengen und dabei gegen uns selbst ankämpfen, desto mehr scheint unser Ziel dadurch in die Ferne zu rücken.

    Es gibt mehrere Wege, wie wir unsere Muster und Gewohnheiten verändern und eine gesunde Selbstdisziplin aufbauen können. In manchen Fällen hilft es jedoch, wenn wir uns selbst ein wenig überlisten. Wenn Sie sich schon länger innerlich darüber aufregen, dass Sie Ihre gesetzten Ziele nicht erreichen oder sich nicht aufraffen können, etwas Neues zu beginnen, könnte es Zeit sein für eine paradoxe Intervention. Diese Methode kann sich anfühlen wie eine plötzliche 180 Grad-Wendung im eigenen Kopf, und führt dazu, dass sich Ihre Ziele oft viel leichter und entspannter umsetzen lassen.

    Was bedeutet eine paradoxe Intervention?

    Mit paradoxer Intervention ist gemeint, ganz bewusst das Gegenteil dessen zu tun, was man eigentlich erreichen will. Ja, genau, es geht darum, gerade die Verhaltensweise auszuführen, die man ja eigentlich vermeiden möchte. Also: faul auf dem Sofa liegen zu bleiben, statt Sport zu machen, möglichst unselbstbewusst aufzutreten oder alles zu tun, um die eigene Selbständigkeit nicht voranzutreiben. Klingt seltsam? Oft sind wir bereits so verstrickt in unsere eigenen Ansprüche und den Kampf gegen innere Widerstände, dass es Sinn machen kann, für einen Moment genau daraus auszusteigen. Sie nehmen damit dem Widerstand den Wind aus den Segeln und erobern sich neue Souveränität über Ihr Handeln.

    Statt beispielsweise sich selbst dafür zu verurteilen, dass Sie es wieder nicht geschafft haben, abends noch eine Runde laufen zu gehen, könnten Sie sich ganz bewusst vor die Wahl stellen: Entweder verpflichten Sie sich dazu, sich noch mindestens zwei Stunden zu Hause zu bleiben und sich weiter zu entspannen oder Sie raffen sich jetzt sofort auf und holen Ihre Joggingschuhe. Bleiben Sie bei Ihrer Entscheidung! Das heißt, dass Sie sich wirklich erlauben, einfach auszuruhen, wenn es Ihnen momentan gut tut. Vielleicht werden Sie aber auch entdecken, dass es Ihnen Spaß machen würde, sich jetzt noch zu bewegen. Aber dann, weil sie es wirklich wollen, und nicht weil Sie sich dazu zwingen.

    Ein weiteres Beispiel: Sie haben sich vorgenommen ein wichtiges Gespräch mit Ihrem Chef (Ihrer Tochter, Ihrem Partner) zu führen, zögern es jedoch schon seit einiger Zeit hinaus. Versuchen Sie doch mal die Strategie, das Gespräch um jeden Preis zu vermeiden, und sagen Sie sich selbst: Das ist unmöglich, das schaffe ich auf keinen Fall.“ Vermutlich müssen Sie über Ihre Verrenkungen, mit denen Sie versuchen, dem Gespräch aus dem Weg zu gehen, wenn Sie die Person sehen, selbst lächeln und bemerken, dass Ihre Angst, das Gespräch nicht führen zu können, unrealistisch ist. Humor und Übertreibungen sind wichtige Bestandteile der paradoxen Intervention.

    Paradoxe Intervention hilft übrigens auch gegen Einschlafstörungen und Redeangst: Nehmen Sie sich vor, unbedingt wachzubleiben oder bei einem Redebeitrag in einem Meeting auf jeden Fall zu scheitern – Sie werden entdecken, dass Ihnen dieser paradoxe Vorsatz einen großen Teil Ihres Drucks nimmt und Sie viel leichter einschlafen bzw. freier werden sprechen können.

    Woher stammt der Begriff?

    Die Technik geht auf den österreichischen Psychotherapeuten Viktor Frankl (1905-1997) zurück. Frankl forderte seine Patienten auf, problematische Verhaltensweisen nicht zu bekämpfen, sondern zunächst zu akzeptieren und sogar übertrieben zu unterstützen. Beispielsweise sollten Menschen, die zum Stottern neigen, wenn sie aufgeregt sind, versuchen, absichtlich noch viel mehr zu stottern. Durch die bewusste Steuerung erlebten sie sich selbst als Akteure und nicht mehr als Opfer.

    Eine Metapher beschreibt das Vorgehen besonders anschaulich: Der menschliche Wille ist bisweilen wie ein Esel, der einfach nicht in den Stall gehen will, so sehr der Bauer auch zieht und schiebt. Die einzige Möglichkeit, ihn in den Stall zu bewegen, ist ein Ziehen in die entgegengesetzte Richtung. Erst der Widerstand führt zum Erfolg.

    Wie geht man vor?

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    Psychologie, Ressourcen, Selbstvertrauen

    Die eigenen Werte leben

    Wie bin ich aktuell auf das Thema gekommen? Vor Kurzem habe ich das Buch „…trotzdem Ja zum Leben sagen“ von Viktor Frankl (1905-1997) gelesen, der darin beschreibt, wie er als Psychologe im Zweiten Weltkrieg den Aufenthalt im Konzentrationslager erlebt hat. Ein sehr beeindruckendes Buch, das ich wirklich empfehlen kann. Frankl vermittelt durch seine Erinnerungen, dass es auch unter schlimmsten Bedingungen möglich ist, eine vertrauensvolle Einstellung zum Leben zu bewahren und dem Leben einen Sinn zu geben. Manchmal bedeutet es, sich die Frage, was dem eigenen Leben Sinn gibt, mehrmals und erneut zu stellen.

    Die Frage nach dem Sinn ist eng verknüpft damit, sich über die eigenen Werte bewusst zu sein. Das eigene Leben wird oftmals dann sinnerfüllt erlebt, wenn es nach den eigenen Werten ausgerichtet ist bzw. mit ihnen übereinstimmt. Werte helfen uns dann, wenn wir im Zweifel darüber sind, wie wir uns verhalten oder wofür wir uns entscheiden sollen. Soll ich aus beruflichen Gründen wegziehen oder bleibe ich bei meiner Familie und behalte meinen alten Job? Erfülle ich die Erwartungen, die jemand anderes an mich richtet, oder bleibe ich mir selbst treu? Werte entscheiden oft unbewusst darüber, wie wir uns in bestimmten Situationen verhalten und ob wir mit uns und unserem Leben zufrieden sind.

    Was sind Werte?

    Gute Fragen, die mich zu meinen Werten führen, sind:

    • Was im Leben ist mir wirklich wichtig und hat Bedeutung für mich?
    • Wofür würde ich mich immer engagieren?
    • Für welchen Wert möchte ich in meinem Leben stehen?
    • Für welchen Wert/welche meiner Werte sollen andere mich kennen?
    • Welchen Wert möchte ich auf der Welt vergrößern?
    • Welcher Wert muss in meinem Beruf erfüllt sein, damit ich mich wohl und zufrieden fühle?
    • Welche Sache würde ich wirklich vermissen, wenn sie fehlen würde? (Und welcher Wert steckt dahinter?)
    • Woran merke ich, dass mein Leben in Einklang mit meinen Werten ist?
    • Wie sieht es aus, wenn ich nicht in Einklang mit meinen Werten lebe?
    • Wie verhalte ich mich, wenn ich meine Werte kleines bisschen mehr als sonst in den Mittelpunkt stelle?
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    Psychologie, Ressourcen, Selbstvertrauen

    Ich schaffe das! Selbstvertrauen & Selbstbild

    Im Allgemeinen gehen wir davon aus, dass Erfolge und Misserfolge eines Menschen maßgeblich von dessen Begabungen abhängen. Jemand hat ein besonderes Talent, mit Zahlen umzugehen? Derjenige wird bestimmt mal ein ausgezeichneter Mathematiker, Physiker oder Ingenieur. Jemand anders war dagegen als Kind eher unsportlich – aus diesem Menschen wird bestimmt kein erfolgreicher Sportler! So oder so ähnlich wird unsere spontane Beurteilung wahrscheinlich ausfallen.

    Die US-amerikanische Psychologin Carol Dweck hat dagegen in unzähligen Studien und Experimenten mit Spitzensportlern, Geigenvirtuosen, Elitestudenten und Führungskräften herausgefunden, dass vielmehr unser Selbstbild und unsere Bereitschaft dazuzulernen und uns weiterzuentwickeln entscheidend dafür sind, wie erfolgreich wir sind. Am Beginn stand ein Experiment mit Schulkindern: Dweck ließ Kinder einer Grundschulklasse einzeln mehrere Denksportaufgaben lösen, deren Schwierigkeitsgrad etwas zu hoch für sie war. Sie wollte damit herausfinden, wie die Schüler mit Herausforderungen umgingen.

    Zu ihrer Überraschung reagierten die Kinder jedoch nicht etwa negativ und waren frustriert, dass die Aufgaben zu schwer für sie waren, sondern sagten so etwas wie: „Ich liebe kniffelige Rätsel!“ oder „Wissen Sie, genau das hatte ich gehofft: Dass ich hier etwas lerne.“ Sie konnten mit ihrem Misserfolg nicht nur relativ gut umgehen, sondern sie scheiterten gern an ihrer Aufgabe! Dieses Ergebnis interessierte Dweck so sehr, dass sie mehr über diese Einstellung herausfinden wollte. Aus diesem Grund führte sie weitere Studien mit unterschiedlichen Personengruppen durch.

    Statisches oder dynamisches Selbstbild

    • Herausfinden, welches Selbstbild wir unbewusst haben: Beobachten Sie sich selbst bzw. gehen Sie in ihrer Vorstellung Situationen durch, in denen Sie in der letzten Zeit herausgefordert waren: Wie reagieren Sie? Denken Sie eher dynamisch (prozessorientiert) oder statisch? Haben Sie das Scheitern als Misserfolg gesehen oder als Möglichkeit, etwas Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln?
    • Die Perspektive des „noch nicht“: Schauen Sie die gleichen Situationen (oder solche, die in den nächsten Tagen auf Sie zukommen) mal aus der Perspektive des „noch nicht“ an. Statt: „Ich bin daran gescheitert, eine berufliche Aufgabe zu meistern, eine Stunde lang durchgehend im Park zu joggen, die Beziehung zu meinem Partner zu verbessern etc.“ lieber: „Ich kann es noch nicht/weiß noch nicht, was ich dafür tun kann.“ Damit erkennen Sie die Möglichkeit an, in diesem Prozess weiterzukommen.
    • Neu wählen: Wenn Sie erkannt haben, zu welchen Selbstbild Sie tendieren, haben Sie wieder die Wahl, ob Sie dabei bleiben oder eine neue Haltung einnehmen möchten. Sie können entscheiden, ob Sie daran festhalten möchten, dass Ihre Talente angeboren sind, oder ob Sie daran glauben, dass Sie sich weiterentwickeln können. Vor allem können Sie entscheiden, wie Sie mit Herausforderungen umgehen: ob Sie sie als negativ beurteilen und lieber vermeiden oder ob Sie sie als Chance sehen und kleine Schritte auf Ihrem Weg machen.
    • Neues ausprobieren: Menschen mit einem dynamischen Selbstbild probieren gern neue Dinge aus, weil Sie gern dazulernen und weniger Angst davor haben, Fehler zu machen. Vielleicht versuchen Sie mal, eine neue Fähigkeit zu erlernen oder eine Aktivität zu unternehmen, die Sie bisher gescheut haben – oder Sie probieren einfach für eine Woche eine neue Haltung aus, wie: „Ich kann das schaffen!“ oder „Es macht nichts, wenn ich einen Fehler mache; daran merke ich, dass ich auf dem Weg bin und etwas lerne.“
    • Carol Dweck, Selbstbild. Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt, München 2014.
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