Wie wir in Beziehungen kommunizieren
Damit wir uns in unseren Beziehungen verbunden fühlen, ist Kommunikation unerlässlich. Es stärkt und vertieft eine Beziehung, wenn wir in der Lage sind, uns konstruktiv auszutauschen, unsere Bedürfnisse mitzuteilen oder auch Konflikte offen anzusprechen. Und dennoch drehen wir uns in Gesprächen mit unseren Partner*innen häufig im Kreis, fühlen uns unverstanden oder reagieren sehr emotional. Wie finden wir in solchen Momenten wieder eine gute Gesprächsbasis und bleiben in Kontakt mit uns selbst und mit unserem Gegenüber?
Wer spricht gerade?
Wenn wir uns in einem Gespräch übermäßig angegriffen fühlen oder wir bemerken, dass wir sehr stark auf Äußerungen reagieren, kann es gut sein, dass wir emotional getriggert wurden. Obwohl sich an der Situation äußerlich nichts geändert hat, hat es innerlich einen wunden Punkt getroffen, bei dem wir oft nicht einmal genau sagen können, was es denn eigentlich war. Dann wiederholen sich innerlich bekannte Beziehungsmuster, die gar nichts mit der aktuellen Situation zu tun haben, und ein "altes Programm" spult sich ab. Beispielsweise erinnern uns ein Thema, eine Formulierung, die unser Gegenüber benutzt, ein Tonfall oder eine Geste an eine Situation aus unserer Kindheit, die wir als bedrohlich erlebt haben. In diesem Moment werden - unbewusst - alte Gefühle, die damals angemessen waren, wieder geweckt.
Wenn es unbewusst bleibt, wird unsere Reaktion entsprechend heftig ausfallen - passend zu der früheren Situation - und wir führen das Gespräch dann quasi aus kindlicher Perspektive weiter. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir unsere*n Partner*in mit mehr Widerstand, Ärger oder Trauer begegnen, als wir es eigentlich möchten. Unsere Gefühle gehen mit uns durch. Wenn wir das bemerken, wäre es hilfreich, wenn wir einen Moment Abstand nehmen und uns fragen, wer gerade aus uns spricht; ob das noch wir als erwachsenes Gegenüber sind, oder ob es jüngere Anteile in uns sein könnten, die noch mit früheren Erfahrungen verbunden sind. Das Gleiche gilt übrigens auch für unser*e Gesprächspartner*innen. Auch sie können unbewusst wieder in Kontakt mit alten Gefühlen und Erfahrungen gekommen sein.
Hilfreiche Schritte können dann sein, etwas Abstand zu nehmen, sich selbst und der anderen Person mit Mitgefühl zu begegnen und das Gespräch bewusst aus einer erwachsenen Perspektive fortzuführen. Wenn das in diesem Moment nicht möglich ist, dann zu einem späteren Zeitpunkt.
Grundlagen für eine gute Kommunikation
Die Basis für ein konstruktives Gespräch in einer Beziehung ist, dass sich zwei Erwachsene begegnen. Wenn wir darüber hinaus alte Gesprächsmuster nicht fortführen, sondern unsere Kommunikation verbessern wollen, gibt es noch weitere Aspekte, die dazu beitragen können:
- Die Gesprächspartner*innen hören aktiv zu: Grundlage ist, dass wir wirkliches Interesse an dem haben, was unser Gegenüber uns mitteilen möchte und dass wir versuchen, sie bzw. ihn zu verstehen. Aktives Zuhören meint grundsätzlich noch etwas mehr: Es ist eine Technik, bei zunächst einer nur zuhört und anschließend den Inhalt des Gesagten wiederholt, um zu prüfen, ob es so stimmt...
- Möglichst wertfreies Wahrnehmen und Sprechen: Beide Seiten können sich darin üben, wertfrei zu sprechen und wahrzunehmen. Statt bewertet zu werden oder selbst zu (ver)urteilen und in eine Position von Angriff oder Rechtfertigung zu fallen, entsteht vielmehr ein sicherer Rahmen, in dem freier und ehrlicher gesprochen werden kann. Dieser und die nächsten drei Aspekte orientieren sich an der Methode der Gewaltfreien Kommunikation.
- Gefühle wahrnehmen und benennen: Statt tief in die Gefühle einzusteigen oder sie wegzudrücken, ist hilfreich, sie wahrzunehmen und auszusprechen. Statt: "Schon wieder gibst du mir die Schuld an allem!" ist hilfreicher im Gespräch: "Ich bin traurig darüber, wie wir in letzter Zeit miteinander reden. Ich fühle mich allein und überfordert mit der Situation." o.ä. Ich-Botschaften unterstützen dabei das gegenseitige Verständnis.
- Bedürfnisse wahrnehmen und benennen: Um aber nicht bei den Gefühlen stehenzubleiben, sondern auch zu erforschen, worum es den Sprechenden jeweils geht, können die eigenen Bedürfnisse erforscht und genannt werden. Hinter dem Ärger liegt vielleicht das Bedürfnis nach mehr Nähe und Verbundenheit, hinter der Trauer kann das Bedürfnis mehr Respekt und Wertschätzung nach stehen... Werden die Bedürfnisse ausgesprochen, fällt es oft leichter, ein klärendes Gespräch zu führen.
- Eine Bitte oder einen Wunsch äußern: In manchen Gesprächen und Konfliktsituationen werden zwar wichtige Themen und Bedürfnisse angesprochen, anschließend bleibt aber unklar, was jetzt zu tun ist. Die Dinge offen auszusprechen und zu hören, worum es dem*der anderen geht, reicht manchmal schon aus, manchmal braucht es aber noch einen weiteren Schritt, um die Situation zu lösen. Möglich ist, eine Bitte an die andere Person zu formulieren, damit sich das Bedürfnis erfüllt.
- Zwischen Sach- und Beziehungsebene unterscheiden: Nehmen wir die Aussagen unseres*er Gesprächspartners*in auffallend oft persönlich und fühlen uns angegriffen, können wir auch nochmals prüfen, wie wir die Botschaften tatsächlich aufnehmen. Der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun unterscheidet dabei zwischen Sachinformations- und Beziehungsebene. Hören wir bei einer Äußerung vor allem die Sachebene, nehmen wir nur die Informationen auf, liegt unser Fokus mehr auf der Beziehungsebene, hören wir vor allem einen Hinweis über die Beziehung, z.B. "Wenn du das tust, bist du ein*e schlechte*r Partner*in." Dann wäre es gut, nochmals wirklich gut wahrzunehmen, was gesagt wurde, oder auch nochmals nachzufragen, wie es gemeint ist...
In der Kommunikation geht es nicht darum, alle Regeln zu befolgen und jederzeit alles richtig zu machen. Finde heraus, was dir hilft, in Beziehungen gut zu kommunizieren, und erlaube dir auch Unsicherheiten dabei. Ich wünsche dir eine lebendige und wertschätzende Kommunikation!
Wie wir miteinander reden – Grundlagen der Transaktionsanalyse
Menschliche Kommunikation verläuft nicht immer leicht und harmonisch, sondern kann je nach unserem momentanen Zustand und unseren Verhaltensmustern komplex und herausfordernd sein. Eine scheinbar harmlose Frage wie beispielsweise: „Was hast du dir dabei gedacht?“ kann je nach Situation und Zustand sehr unterschiedlich aufgefasst werden: als freundlich interessierte Nachfrage ebenso wie als Bevormundung… Die Transaktionsanalyse, die 1964 von Eric Berne begründet wurde, ist ein psychologisches Modell, das die Kommunikation zwischen Erwachsenen untersucht und dabei verschiedenen Ebenen unterscheidet.
Die Einsichten der Kommunikationsanalyse können uns helfen, unsere Kommunikation besser zu verstehen und – wenn wir es möchten – unsere Kommunikation ehrlicher und wertfreier werden zu lassen.
1. Grundannahmen der Transaktionsanalyse:
– Ich bin o.k. / Du bist o.k. Nach Bernes Modell ist der Menschen in seiner Existenz und Geburt grundsätzlich in Ordnung. Im Vordergrund steht dabei der Wert des Menschen, der unabhängig ist von seinem Verhalten, seinen Leistungen und Fähigkeiten.
– Auch Menschen mit emotionalen und seelischen Leiden sind vollwertige, intelligente Menschen. Egal, welche Probleme und Leiden ein Mensch zu bewältigen hat, ist er seinem Wesen nach in Ordnung. Daraus resultiert für Psychologen ein respektvoller Umgang mit den Klienten auf Augenhöhe.
– Der Mensch hat die Fähigkeit, seine emotionalen und seelischen Probleme zu lösen bzw. verfügt über die notwendigen Fähigkeiten, um sein Leben in die Hand zu nehmen und positiv zu gestalten.
Von diesen Grundannahmen ausgehend entwickelte Berne ein Modell, das Kommunikation als ein Hin und Her von Informationen und Wahrnehmungen zwischen Menschen beschreibt (z.B. Worte, Stimme, Körperhaltung, Mimik, Gestik). Diese können sehr unterschiedlich interpretiert werden, je nachdem, in welchem Zustand sich die Person befindet.
2. Verschiedene Zustände in der Kommunikation:
Um die vielen verschiedenen Zustände und Interpretationsweisen besser begreifbar zu machen, die in unserer Kommunikation meist unbewusst ablaufen, unterscheidet Berne in seinem Modell der Transaktionsanalyse zwischen drei Kategorien, aus denen heraus ein Mensch agieren kann.
Diese drei Ich-Zustände sind:
– Das Eltern-Ich: Die beteiligte Person spricht ihr Gegenüber aus der verinnerlichten Eltern-Perspektive an, d.h. sie korrigiert, spricht bevormundend oder fürsorglich mit der anderen Person. Nach Bernes Auffassung trägt jeder Mensch in seinem Inneren seine Eltern mit sich herum.
– Das Erwachsenen-Ich: Die Erwachsenen-Perspektive ist Grundlage für eine reife und respektvolle Kommunikation, wie man sie von einem Erwachsenen erwarten kann. Sie entspricht einem weitestgehend sachlichen und objektiven Standpunkt.
– Das Kind-Ich: Ebenso wie die Eltern-Perspektive tragen wir nach Bernes Modell auch die Perspektive des Kindes, das wir einmal waren, noch in uns. Das Kind-Ich hat häufig eher alberne, fantasievolle, trotzige oder unsichere Qualitäten in der Kommunikation.
In welchem Zustand wir uns gerade befinden bzw. aus welcher Perspektive wir gerade sprechen ist uns oft nicht bewusst – deshalb ist es oft schon sehr erhellend, den aktuellen Zustand bei sich zu hinterfragen und aufzudecken. Beispielsweise finden wir heraus, dass in der Kommunikation mit unserem Vorgesetzten unser Chef häufig aus der strengen Eltern-Ich-Perspektive argumentiert und wir daraufhin in die Kind-Perspektive fallen. Dabei wäre es angemessener, Augenhöhe herzustellen. Oder in unserer Partnerschaft sind die Rollen immer gleich verteilt, obwohl es nicht unseren Bedürfnissen entspricht.
3. Formen der Transaktion
Die Ich-Zustände können wechseln und im Austausch zwischen den Gesprächspartnern können sich jeweils unterschiedliche Perspektiven kreuzen. Das Modell geht von drei grundlegenden Transaktionen aus:
– Komplementäre Transaktionen: Wenn die Kommunikation relativ reibungslos verläuft und die Ich-Zustände der Gesprächspartner gleich sind oder sich ergänzen, spricht man von komplementären Transaktionen. Beispielsweise wenn eine Person darum bittet, einen Termin zu verschieben und die zweite Person stimmt dem zu (beide im Erwachsenen-Ich); oder wenn ein Elternteil ein Kind auffordert, sich zu beeilen und das Kind antwortet: „Ich will heute aber nicht in den Kindergarten.“ (die Personen sind im Eltern- bzw. Kind-Ich).
– Gekreuzte Transaktionen: Gekreuzte Transaktionen finden statt, wenn die Erwartung, mit der eine Person die andere anspricht, nicht eingehalten wird. Beispielsweise wenn eine Person das Erwachsenen-Ich der andern anspricht, diese darauf aber im Kinder-Ich reagiert: „Würden Sie bitte Ihren Wagen woanders parken?“ – „Darauf habe ich keine Lust. Parken Sie doch woanders!“
– Verdeckte Transaktionen: Bei verdeckten Transaktionen wechseln die Ich-Zustände; d.h. die Kommunikation findet auf mehreren Ebenen statt. Teile der Transaktionen sind dabei offen, andere bleiben verdeckt und das Gesagte entspricht nicht dem Gemeinten. Beispielsweise wenn ein Gesprächspartner fragt: „Hast du mir meine Lieblingsschokolade mitgebracht?“ (Erwachsenen-Ich) Die eigentliche Aussage ist aber: „Hast du an mich gedacht?“ (Kinder-Ich) und die zweite Person antwortet: „Es muss noch welche vom letzten Einkauf da sein.“ (scheinbare Antwort im Erwachsenen-Ich; der Tonfall entspricht aber eher dem Eltern-Ich zu einem Kinder-Ich).
Verdeckte Transaktionen finden in unserem Alltag häufig statt und können Beziehungen negativ beeinflussen und ungeliebte Rollen verfestigen. Solche Gesprächsmuster gilt es im besten Fall zu erkennen und aufzulösen, da meist mindestens ein Partner damit unzufrieden ist.
4. Bedeutung für unsere Alltagskommunikation:
Das Bewusstsein für die verschiedenen Ich-Zustände und Muster in der Kommunikation hilft uns, klarer zu erkennen, welche Rolle wir gerade einnehmen und aus welcher Perspektive unser Gegenüber darauf reagiert. Wir haben mehr Verständnis für uns selbst – möglicherweise hat uns eine Bemerkung des anderen kalt erwischt und wir sind automatisch in die Perspektive des Kindes gerutscht – und ebenso mehr Verständnis für den anderen, der vielleicht ohne es zu merken die Rolle des Eltern-Ich eingenommen hat…
Die gute Nachricht ist: Die Ich-Zustände sind nicht statisch, sondern veränderbar. Wenn wir merken, welches Muster abläuft, werden wir wieder freier, uns anders zu verhalten, zum Beispiel indem wir bewusst wählen, aus der Erwachsenen-Perspektive zu sprechen. Wir können dabei sowohl unsere Einstellung überprüfen (Welche Grundhaltung nehme ich dem anderen gegenüber ein? Verhalte ich mich wertschätzend oder abwertend? Wie hoch ist mein Selbstwertgefühl? Spreche ich aus einer über- oder unterlegenen Position heraus?) als auch denjenigen Ich-Zustand wählen, der uns in der Situation angemessen erscheint.
Indem wir unsere Einstellung und die Perspektive verändern, haben wir die Möglichkeit, die Gesprächssituation zu verändern und anders zu kommunizieren als bisher. Wir können den anderen besser erreichen und bewusst aus der inneren Haltung sprechen: Ich bin in Ordnung – und du bist es auch. Wir kommunizieren respektvoller, fairer – und handeln mehr aus uns selbst heraus.
Ich wünsche Ihnen inspirierende und wertschätzende Gespräche!
Was ist eigentlich… Storytelling?
Vor Kurzem habe ich an einem Seminar zum Thema Business Storytelling teilgenommen, das mir Lust gemacht hat, mich mehr damit zu befassen und auch mehr persönliche Geschichten zu erzählen. Vielleicht kennen Sie Storytelling bislang hauptsächlich aus dem Bereich Selbst- und Unternehmensmarketing; es ist jedoch ein Mittel, das sehr vielseitig ist und für die berufliche ebenso wie für die persönliche Weiterentwicklung eingesetzt werden kann. Die besondere Wirkung liegt darin, die eigene Geschichte authentisch und kraftvoll zu erzählen.
Was ist Storytelling?
Kurz gesagt ist Storytelling eine Erzählmethode, bei der eine Aussage oder ein Anliegen in Form einer gut erzählten/persönlichen Geschichte vermittelt wird. Das kann bei einem Vortrag sein, den Sie mit einer persönlichen Geschichte anschaulicher machen; bei jeder Art von Wissensvermittlung; bei einer beruflichen Bewerbung; Führungskräfte können es als Mittel zur Kommunikation einsetzen; d.h. immer dann, wenn Sie Menschen mit der Kraft persönlicher Geschichten erreichen wollen. Wie wirkungsvoll gutes Storytelling ist, belegt unter anderem eine Studie der Stanford University, die zu dem Ergebnis kam, dass Geschichten bis zu 22 Mal besser erinnert werden, als reine Fakten.
Eine Story ist eine dynamische Eskalation konfliktgetriebener Ereignisse, die eine bedeutende Veränderung im Leben einer Figur bewirken. (Robert McKee)
Die Absicht beim Storytelling ist also zumeist, eine Botschaft anschaulich zu vermitteln und Menschen damit zu erreichen oder sogar zu überzeugen – das gelingt mit einer Geschichte meist viel emotionaler und lebendiger. Storytelling bewirkt jedoch nicht nur etwas beim Zuhörer, sondern verändert umgekehrt auch etwas bei demjenigen, der die Geschichte erzählt. Wenn wir einen Teil unserer eigenen Geschichte erzählen, zeigen wir etwas von uns selbst und können zugleich beeinflussen, wie wir die Geschichte erzählen wollen. Das heißt wir entscheiden, wie selbstbewusst, mutig oder erfolgreich die Geschichte erzählt wird.
Wer schon einmal eine beeindruckende Biografie gelesen oder einen inspirierenden Vortrag gehört hat, weiß um die Bedeutung und Strahlkraft persönlicher Geschichten. Umgekehrt gilt auch hier: Auch das Erzählen (oder Aufschreiben) der persönlichen Geschichte ist bedeutend und setzt viel Kraft frei. Storytelling lässt sich hier auch als Wiedergabe einer „Heldenreise“ verstehen, und wir als Protagonist(in)/Erzähler(in) unserer Geschichte geben den Pfad vor: von ihrem Beginn, über eine wie immer auch geartete Situation oder Herausforderung, bis zur Auflösung und einem heldenhaften Ende, bei dem wir etwas verändert haben und über uns hinausgewachsen sind.
So oder so ähnlich kann eine gute Geschichte aufgebaut sein. Wichtig ist dabei, wie wir uns selbst sehen und beschreiben und welchen Verlauf wir wählen. Storytelling hat an dieser Stelle viel mit unserer Perspektive auf uns selbst und auf unsere Geschichte zu tun und gibt uns die Möglichkeit, sie vertiefend wahrzunehmen und neue Ansätze und Sichtweisen zu finden. Wir können unsere eigene Heldengeschichte schreiben!
Welche Geschichte möchte ich erzählen?
Die Handlungsstränge unserer Geschichten lehnen sich dabei oft an vorangegangene Geschichten an – wir reihen uns sozusagen immer in eine Erzähltradition ein. Typische Plots im Storytelling können sein:
- Das Monster überwinden (Sieg über einen finsteren Gegenspieler)
- Vom Tellerwäscher zum Millionär (oder vom Aschenputtel zur Königin)
- Die Suche (z.B. der Herr der Ringe)
- Reise und Rückkehr (Reise ins Abenteuer und glückliche Wiederkehr)
- Komödie (z.B. Shakespeare)
- Tragödie (Kein Erfolg ohne Scheitern)
- Comeback (Rückkehr nach erlebter Niederlage)
(nach: Christopher Booker, The Seven Basic Plots)
Ebenfalls entscheidet man sich beim Storytelling für einen Protagonisten, einen Helden oder eine Heldin, beispielsweise für einen Abenteurer, ein Kind, einen weisen Menschen, einen Künstler, Zauberer, Liebenden oder oder oder.
Das eigene Drehbuch schreiben
Aus diesen Bestandteilen lässt sich im Storytelling eine eigene Geschichte formulieren, die Sie sowohl für sich selbst (Tagebuchschreiben) als auch für die oben genannten beruflichen oder privaten Situationen verwenden können. Im Coaching setze ich dazu beispielsweise gern die Drehbuch-Methode ein: Wenn Sie in einer verfahrenen Situation stecken oder eine Veränderung in Angriff nehmen möchten, wählen Sie doch mal die Perspektive ihres Lieblingshelden. Stellen Sie sich vor, er oder sie müsste gerade die gleiche Situation wie Sie bewältigen und fragen Sie sich: Wie würde sich Ihr Held oder Ihre Heldin verhalten, wenn er/sie…
- Superkräfte hätte
- in einem Hollywood-Liebesfilm mitspielen würde?
- Tatort-Kommissar(in) wäre?
- ein Held/eine Heldin Ihrer Kindheit wäre (z.B. Pippi Langstrumpf, Batman)
- einer/eine Ihrer Lieblingsfilmfiguren (-romanfiguren) wäre?
Die Methode regt mit Sicherheit Ihre Fantasie und Ihren Möglichkeitssinn an und es macht viel Spaß, die Geschichte mal aus dieser Perspektive zu betrachten. Lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf, die Geschichte muss nicht besonders realistisch sein – und lassen Sie sich dennoch davon überraschen, welche spannenden Lösungen und Handlungsmöglichkeiten sich daraus entwickeln!
Ich freue mich, wenn Sie einen Vorgeschmack bekommen haben, was Storytelling sein und bewirken kann und wünsche Ihnen viel Freude dabei, mutig Ihre eigene Geschichte zu schreiben.
Literatur:
- Thomas Pyczak, Tell me! Wie Sie mit Storytelling überzeugen, Bonn 2017.
Entspannt Grenzen setzen lernen
Unsere Grenzen entspannt und gelassen setzen? Das scheint auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein. Die meisten von uns kennen Situationen, in denen unsere Grenzen überschritten werden und in denen wir sehr heftig darauf reagieren: Wir fühlen uns durch ein unangemessenes Verhalten angegriffen und möchten am liebsten sofort zurückschlagen. Wieso begreift der andere nicht, was wir gerade brauchen? Wieso kommt uns diese Person sprachlich oder körperlich zu nahe? In solchen Momenten fühlen wir uns weit davon entfernt, gelassen und ruhig zu reagieren.
Zunächst einmal haben unsere Gefühle einfach die positive Absicht, uns anzuzeigen, dass unsere Grenzen überschritten wurden; dass wir also darauf aufmerksam sein sollen, dass im Kontakt mit anderen etwas „passiert“ ist. Reaktionen wie Wut, Ärger oder auch das Gefühl einer Störung, bei der wir nicht genau sagen könne, was eigentlich stattgefunden hat, zeigen uns, dass unsere Bedürfnisse missachtet wurden und wir in angemessener Weise handeln sollten. Im Prinzip passiert es im Kontakt zwischen Menschen häufig, dass wir unsere Grenzen gegenseitig überschreiten; problematisch wird es jedoch, wenn eine Person sehr oft oder zu heftig unsere Grenzen verletzt.
Und noch etwas: Unsere Grenzen sind durchaus flexibel. Damit meine ich, dass es sich manchmal lohnt zu erforschen, ob es gerade wichtig ist, unsere Grenzen zu achten und klar nach außen zu verteidigen (sich zu schützen kann manchmal absolut notwendig sein) – oder ob es einen Spielraum gibt, innerhalb dessen wir unsere Grenzen vielleicht etwas weiter öffnen wollen, um neue Erfahrungen zuzulassen. Die Flexibilität unserer Grenzen erlaubt es, unsere Komfortzone auch mal zu verlassen, wenn wir es wünschen. Ein Zitat von Fritz Perls beeindruckt mich in diesen Zusammenhang immer wieder: „Kontakt findet an der Grenze statt.“ Danach ist wirklicher Kontakt nur möglich, wenn wir zulassen, dass andere unsere Grenze berühren, und wenn wir sie ihnen zeigen.
Wie aber kommen wir denn nun dahin, entspannt und gelassen Grenzen zu setzen?
Vier Schritte sind dabei wichtig:
1. Innehalten, um unsere Grenzen und Bedürfnisse wahrzunehmen. Allzu oft nehmen wir nicht bewusst wahr, dass gerade jemand unsere Grenzen überschreitet. Wir gehen über das ungute Gefühl hinweg, dass sich unwillkürlich einstellt; vielleicht weil wir unbewusst den Glaubenssatz erlernt haben: „Die Bedürfnisse des anderen sind wichtiger als meine.“ oder einfacher: „Das sollte mir jetzt nichts ausmachen.“ Dagegen hilft nur darauf zu achten, was unsere Gefühle uns gerade melden und kurz innezuhalten, um herauszufinden, was uns gerade stört. Wenn wir unser Bedürfnis kennen (z.B. Ruhe zu haben, nicht gestört zu werden, respektvoll behandelt zu werden), ist es viel leichter für uns, angemessen zu handeln und auch dem anderen nicht alle Verantwortung für unser Unwohlgefühl zuzuschieben. Folgende Fragen helfen, um unsere Grenzen zu erkennen und unsere Bedürfnisse wahrzunehmen:
– Welches Bedürfnis ist mir so wichtig, dass ich es immer verteidigen würde, wenn andere diese Grenze überschreiten?
– Wann wurden zuletzt meine Grenzen von anderen überschritten und wofür steht das?
– Welche Kritik trifft mich am meisten?
2. Die eigenen Grenzen annehmen und sich erlauben. Wenn wir erkennen, dass unsere Grenzen verletzt wurden, handeln wir manchmal trotzdem noch gegen unser eigenes Gefühl. Jeder hat aber das Recht darauf, Grenzen zu haben und nach außen deutlich zu machen, welches Verhalten er toleriert und welches nicht. Man muss sich selbst auch erlauben, seine Grenzen einzufordern. Oft wünschen wir uns jedoch Ruhe und versuchen einen Konflikt zu vermeiden; oder wir wollen den anderen nicht enttäuschen und übergehen lieber unsere eigenen Bedürfnisse. Umgekehrt hat die Sozialwissenschaftlerin und Forscherin Brené Brown herausgefunden, dass diejenigen Menschen, die am meisten Mitgefühl besitzen, gleichzeitig diejenigen sind, die ihre Grenzen am stärksten respektieren. In dem Sinne, dass sie klar äußern, was für sie o.k. ist, und was nicht. Wenn wir es zulassen, dass andere unsere Grenzen wiederholt überschreiten, werden wir mehr und mehr abweisend und entwickeln Groll. Die eigenen Grenzen anzunehmen kann bedeuten, das Risiko einzugehen, andere Menschen zu enttäuschen.
3. Den Konfliktmuskel trainieren und unsere Grenzen verteidigen lernen. Es bedeutet Mut zu haben, wenn wir uns unsere Grenzen erlauben und gegenüber anderen ausdrücken – notfalls auch gegenüber den Menschen, die uns besonders wichtig sind oder gegenüber einer ganzen Gruppe. Wir müssen bereit sein, einen möglichen Konflikt auch auszuhalten, falls die Bedürfnisse des anderen gegensätzlich zu unseren eigenen sind. Hilfreich ist, sich klar zu machen, dass wir ein Recht haben, unsere Bedürfnisse und Grenzen zu äußern und für sie einzustehen. Bei der Arbeit mit meinen Klienten und auch privat erlebe ich oft, dass wir paradoxerweise oft mehr geschätzt werden, wenn wir klar unsere Grenzen zeigen und zum Beispiel „Nein“ sagen. Unsere Angst ist, nicht gemocht zu werden, stattdessen bekommen wir Respekt und werden gerade gemocht, wenn wir zu unseren Bedürfnissen und uns selbst stehen. Wir werden dadurch für andere besser sichtbar – wir zeigen einen authentischen Teil von uns. Dafür müssen wir bereit sein, unseren Konflikt-Muskel zu trainieren und häufiger für unsere Grenzen und Bedürfnisse einzustehen.
4. Klare Ansagen machen. Es erleichtert, seine Grenzen anderen zu zeigen, wenn wir es in einem Moment machen, wenn wir uns in der Lage dazu fühlen, und wenn wir klare Aussagen dabei treffen. Wenn wir merken, dass gerade nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist, weil wir gerade selbst noch keine Klarheit haben oder von unseren Gefühlen überwältigt werden, ist es durchaus legitim erstmal zu sagen: „Dafür habe ich im Moment den Kopf nicht frei.“ oder „Im Augenblick beschäftigt mich etwas anderes. Darauf komme ich später wieder zurück.“ Das unterstützt besonders ein Bedürfnis nach Ruhe. In anderen Fällen schaffen wir es jedoch vielleicht, gleich reagieren. Wenn unsere Grenzen stark überschritten wurden oder wir uns sehr bedrängt fühlen, haben wir manchmal das Gefühl, selbst sehr stark und laut reagieren zu müssen. Der andere hat vielleicht gar nicht gemerkt, was er gesagt oder getan hat, während wir das Gefühl haben, nur wahrgenommen zu werden, wenn wir mit voller Kraft gegen die Verletzung unserer Grenzen angehen. Dagegen wirkt es viel förderlicher – und ist meist entspannter -, uns bewusst zu machen, dass ein leises (in normaler Zimmerlautstärke gesprochenes) „Nein“ oft schon genügt, um dem anderen unser Bedürfnis zu vermitteln.
Gute Sätze können dafür sein:
„Das ist für mich o.k.“/“Das ist für mich nicht o.k.“
„Hier bist du zu weit gegangen. Ich möchte das nicht. Es ist nicht in Ordnung für mich, wenn du das sagst oder tust.“
„Ich weiß, du meinst es gut, aber ich bin mit deinem Verhalten nicht einverstanden. Respektiere das bitte.“
…
Sie können natürlich ganz für sich selbst herausfinden und entscheiden, welcher Satz für Sie am besten passt, um Ihre Grenzen klar zu kommunizieren. Wichtig ist vielmehr, dass Sie selbst Klarheit über Ihr Bedürfnis haben und es ebenso klar äußern. Vielleicht überrascht sie die Reaktion des anderen darauf. In jedem Fall waren Sie mutig, sich selbst zu zeigen und für Ihre Grenzen einzustehen!
Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei, Ihre Grenzen besser kennenzulernen und entspannt zu setzen!
Die eigene Kommunikation verbessern
Wer kennt nicht solche – oder vergleichbare – Situationen: Ein Kollege (Freund/in, Vorgesetzte/r, Partner/in etc.) bittet uns um einen Gefallen. Beispielsweise sollen wir ihm bei der Vorbereitung einer wichtigen Präsentation helfen, die er am nächsten Tag halten muss. Dafür müssten wir aber unseren Feierabend verschieben und auch sonst ist der Kollege dafür bekannt, dass er die Dinge gern erst kurz vor Schluss erledigt…
Ich bin Viele
Während wir noch überlegen, wie wir auf die Bitte unseres Kollegen reagieren sollen, melden sich unterschiedliche Stimmen in uns:
„Ich habe mich schon so auf den Feierabend gefreut, jetzt schaffe ich es nicht mehr rechtzeitig zum Sportkurs.“
„Immer das Gleiche mit ihm; der will mich nur ausnutzen. Ich helfe ihm auf keinen Fall!“
„Klar helfe ich ihm! Es macht mir Spaß und gibt mir ein gutes Gefühl, anderen zu helfen.“„Die Präsentation morgen ist wichtig für unser Unternehmen; wenn er eine schlechte Präsentation hält, fällt das auf uns zurück.“
In Sekundenbruchteilen läuft dieser innere Dialog ab, der uns aber oft nicht bewusst wird. Seit einigen Jahren gehen Psychologen davon aus, dass unsere Seele aus verschiedenen Teilpersönlichkeiten besteht, die in einer solchen Situation für das Gewirr der Stimmen verantwortlich sind.
Jede der inneren Persönlichkeiten oder Anteile verfolgt ein eigenes Ziel und hat eigene Bedürfnisse – deshalb ist es nur verständlich, dass wir uns in manchen Situationen innerlich zerrissen und unfähig zu handeln fühlen. Nach außen hin führt es dazu, dass wir unserem Gegenüber keine klare Botschaft vermitteln können.
Wie geht man mit der inneren Pluralität um?
Ein erster Schritt, um den inneren Dialog und damit die Kommunikation nach außen zu verbessern, ist, sich die eigenen Teilpersönlichkeiten bewusst zu machen und die Stimmen zu identifizieren: Wie viele inneren Stimmen gibt es? Welche Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse vermitteln sie? Welche Ziele verfolgen die inneren Stimmen?
Jede Teilpersönlichkeit hat eine Botschaft, die je nach Situation lauter oder leiser wahrgenommen werden kann. Überlegen Sie mal, welche typischen Sätze tauchen auf – und wer könnte das sagen? Hilfreich ist, den inneren Anteilen, je nachdem wofür sie stehen, einen Namen zu geben: das schüchterne Ich, das selbstbewusste Ich, der gut für sich Sorgende, die Perfektionistin, der innere Antreiber, die Hilfsbereite, der Solidarische etc.
Im Idealfall erkennen wir die positive Absicht, die hinter allen unseren inneren Stimmen steckt, und freunden uns vielleicht sogar mehr mit einem Teil von uns an, den wir bisher eher abgelehnt haben.
Nehmen Sie sich doch etwas Zeit, um Ihre inneren Teilpersönlichkeiten herauszufinden und zu hören, was sie Ihnen sagen wollen. Oft erreichen Sie dadurch schon eine größere Klarheit und erkennen, was Sie nach außen kommunizieren möchten.
Literatur:
- Friedemann Schulz von Thun, „Miteinander reden: 3. Das „Innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation“, Reinbek bei Hamburg 1998.