Everything that costs you your peace is too expensive. (Unbekannter Verfasser)
Im Posteingang warten Emails, die beantwortet werden müssen, die Familie möchte, dass du dich mehr kümmerst, und dann rückt auch noch der Abgabetermin des Textes, den du fertigstellen wolltest, immer näher… So oder so ähnlich können die Umstände sein, in denen der Druck, die Dinge erledigen zu müssen, allmählich steigt. Wenn es zu viel wird, empfinden wir innere Anspannung, einen Druck im Magen oder eine imaginäre Last auf den Schultern. Dabei können äußere Faktoren ebenso eine Rolle spielen wie innere, wie z.B. Erwartungen an dich selbst.
Zu viel Druck kann belasten, uns blockieren und auf Dauer sogar gesundheitsschädlich sein. Was aber hilft, uns vom Druck zu befreien und gelassen an die Dinge heranzugehen? Im ersten Schritt geht es sicher darum herauszufinden, was genau den Druck auslöst, also die Frage: Was steht zwischen mir und meiner Gelassenheit/Freude/Entspannung? Gibt es die Möglichkeit, die Aufgaben im Außen anders zu planen, um uns zu entlasten, oder entsteht der Druck, weil wir zu viel Verantwortung übernehmen oder ein zu hohes Ideal erfüllen wollen (um andere nicht zu enttäuschen)?
„Ich sollte schneller und produktiver sein, sonst denken die Kolleg*innen schlecht von mir“, „lieber mache ich es selbst, dann wird es besser“, „ich sollte netter zu Tante Frieda sein, sie hat es doch so schwer“… können z.B. unbewusste Erwartungen an uns selbst sein. Wenn wir diese Überzeugungen identifizieren, sehen wir unseren eigenen Anteil klarer und erhalten dadurch wieder mehr Kontrolle zurück. Wir können beginnen, unsere Einstellung zu hinterfragen: Stimmt das? Wäre das schlimm? Welche Konsequenzen hat das für mich? Will ich das wirklich?
Wenn wir erkennen, dass wir zu viel Verantwortung für andere mit übernehmen, ist es vielleicht an der Zeit, uns mehr freizuschwimmen, die Verantwortung wieder mehr zu teilen. Wie wäre es, wenn wir dem Partner zutrauen würden, dass er oder sie es mindestens genauso gut machen wird, wie wir? Können wir uns darauf einlassen, auch wenn wir nicht wissen, wie der andere sich verhält? Können wir dem anderen vertrauen, auch wenn das Ergebnis vielleicht anders ist, als wir es erwarten?
Welche praktischen Möglichkeiten gibt es darüber hinaus, um uns vom Druck zu entlasten?
1. Freiraum schaffen
Wir können uns bewusst Zeit nehmen und in uns hineinspüren, wo wir den Druck gerade verspüren. Bemerken wir z.B. einen Knoten im Bauch, ein Druckgefühl im Magen oder ist es ein Gedanke im Kopf? Wenn möglich nehme es für einen Moment wohlwollend wahr, ohne etwas zu verändern. „Aha, da ist also…“ Dann entscheide dich in deiner Vorstellung bewusst, dieses Gefühl oder den Gedanken in einen guten Abstand zu dir zu bringen. Gib ihm einen guten Ort, an dem sich aufhalten/aufbewahrt sein kann, wie beispielsweise ein Platz im Regal, ein Kissen oder eine Schachtel. Wenn du es in deiner Vorstellung dort hingestellt hast, spüre nach, wie es sich jetzt innerlich anfühlt.
2. Achtsamkeit
Für Fortgeschrittene: Wie beim Freiraumschaffen geht es darum, die Aufmerksamkeit nach innen zu lenken und das Druckgefühl im Körper zu lokalisieren. Ist es möglich, eine Weile einfach damit zu sein, nichts zu verändern, sondern einfach wahrzunehmen, was da ist? Was geschieht innerlich, wenn du mit deiner Aufmerksamkeit absichtslos in diesen Bereich bleibst? Verändert sich der Atem? Die Körperhaltung? Achte auf alle kleinen, feinen Veränderungen, die von selbst entstehen. Es ist möglich, dass sich dadurch von selbst etwas entspannt.
3. Innere Haltung
Wenn wir überzeugt sind, nicht gut genug zu sein, alles perfekt machen zu müssen oder die Erwartungen anderer erfüllen zu müssen, lädt uns das zusätzlichen Druck auf. Welche innere Einstellung hindert uns am meisten? Wie würde es aussehen/sich anfühlen, wenn wir diese Einstellung nicht hätten? Eine Möglichkeit ist, sich dies in der Vorstellung so anschaulich wie möglich auszumalen/es körperlich zu fühlen. Eine weitere Möglichkeit ist, eine neue Haltung zu finden, die uns besser unterstützt, den Druck herausnimmt. „Ich möchte diese Aufgabe heute noch erledigen, aber wenn es nicht klappt, ist morgen auch noch ein Tag.“, „Ich vertraue auf mich und meine Fähigkeiten“, „Ich nehme es leicht und spielerisch.“
4. Was ist wirklich wichtig?
Wenn wir vor einer Herausforderung stehen und uns selbst Druck machen, verlieren wir oft den Blick für das Wesentliche. Ist es wirklich wichtig, jemand anderen zu beeindrucken – oder ist es wichtig, dass ich mit mir zufrieden sein kann? Ist unser Wohlbefinden wichtiger – oder ein perfektes Äußeres? Wie viel liegt mir daran, dass meine Wohnung perfekt aufgeräumt ist – oder ob ich einen schönen Abend mit Freunden verbringe, egal wie die Wohnung aussieht… Die Frage, was uns wirklich wichtig ist, kann uns dabei helfen, uns nicht nach scheinbaren Erwartungen auszurichten, sondern uns klar zu werden, was für uns persönlich zählt und diesen Dingen im Zweifel mehr Raum zu geben, während die unwichtigen Dinge wieder den (geringeren) Stellenwert bekommen, den sie verdienen.
5. Geduld, Geduld, Geduld – kleine Schritte
Auslöser für den Druck ist ebenfalls oft, dass wir uns zu viel vornehmen und den ganzen Berg auf einmal erklimmen möchten. Dadurch entsteht ein Gefühl Überforderung, das eher lähmt, als unterstützt. Aus dieser Falle kommen wir heraus, wenn wir uns statt auf das große Ziel, das wir erreichen möchten, wieder auf den nächsten kleinen Schritt konzentrieren. Statt uns den Druck zu machen, für einen Marathon zu trainieren, können wir auch erst mal damit beginnen, jeden Tag 10-15 Minuten entspannt zu laufen (das Gleiche gilt übrigens für Meditation). Statt gleich ein ganzes Buch verfassen zu wollen, ist es auch möglich, erstmal Ideen zu sammeln und dann mit einem Absatz anzufangen… Es fällt deutlich leichter und macht mehr Spaß, so dass sich auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass wir dabeibleiben und es fertigstellen.
Ich wünsche dir viel Inspiration und eine frohe und gelassene Vorweihnachtszeit! Vielleicht war ja ein Gedanke dabei, den du für dich mitnehmen konntest…
P.S. Mit diesem Blogbeitrag habe ich mich entschieden, vom „Sie“ zum „du“ zu wechseln. Die persönliche Anrede erschien mir passend und leichter.